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Daten und Förderer

Laufzeit: 01.10.2016 - 31.03.2017
Projektleitung:

Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker
Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt

Mitarbeiter: Stefan Brodale M.Eng.

Projektbeschreibung: Messtechnische Untersuchung der Trinkwasser-Installation in einem Klinikum

Trinkwasser ist das Wasser, das für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist.  Es ist das mit Abstand wichtigste Nahrungs- und Körperpflegemittel und muss dementsprechend hohe Qualitätsanforderungen erfüllen. In Deutschland werden diese durch die Trinkwasserverordnung definiert. Sie fordert, dass

"Trinkwasser so beschaffen sein [muss], dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genusstauglich sein. [Hierfür müssen] bei der Wasseraufbereitung und der Wasserverteilung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden" (TrinkwV § 4 Absatz 1, 2001).

Damit beeinflusst die Verordnung also die Planung, Errichtung und den Betrieb einer Trinkwasser-Installation im Gebäude.

Bau- und betriebstechnische Missstände innerhalb der Trinkwasser-Installation haben Einfluss auf den Komfort an den Entnahmestellen: Der Nutzer empfindet das Warmwasser als nicht warm, das Kaltwasser als nicht kalt oder ärgert sich über störende Schwankungen beim Wasserdruck. Gravierender sind jedoch die Folgen dieser Missstände im mikrobiologischen und chemischen Bereich: Ist eine Trinkwasser-Installation falsch dimensioniert, können sich Bakterien und Keime ausbreiten. Besonders in Einrichtungen des Kranken- und Pflegesystems kommen deshalb erhöhte Hygieneanforderungen zum Tragen.

 

Messtechnisches Vorgehen bei einer Gefährdungsanalyse

Messtechnische Untersuchungen der Trinkwasser-Installation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ermöglichen es, bau- und betriebstechnische Missstände festzustellen. Solche Untersuchungen finden zum Beispiel bei Gefährdungsanalysen statt, die die Trinkwasserverordnung vorschreibt, wenn im Rahmen routinemäßiger Trinkwasser-Untersuchungen der technische Maßnahmewert für Legionellen überschritten wird. Sie tragen hier wesentlich zur Ursachenklärung bei. Unser Laborbereich ist auf diesem Gebiet erfolgreich im In- und Ausland tätig.

Die Grundlage für unsere Untersuchung in einem nordrheinwestfälschen Klinikum bilden die Normen und Regelwerke in ihrer jeweils gültigen Fassung. Zum Untersuchungsumfang gehört unter anderem

  • die Ermittlung von Stagnationsbereichen
  • die Überprüfung von Rohrleitungsdimensionen
  • die Überprüfung der Dimensionierung von Speicher-Trinkwassererwärmern und des Speicher-Ladesystems
  • die Überprüfung der Temperaturen im Kaltwasser-, Warmwasser- und Zirkulationssystem
  • die Überprüfung der Anlagenhydraulik
  • die Ermittlung des Warmwasserbedarfs

Ausgehend von Bauplänen prüfen wir in diesem Klinik-Komplex jeden Schacht, jedes Rohr, jeden Waschtisch und jede andere Entnahmestelle, die an die Trinkwasser-Installation angeschlossen ist, um ein lückenloses Real-Abbild zu schaffen und im Anschluss Sanierungsempfehlungen geben zu können. Zum Einsatz kommen dabei neueste Ultraschall-, Temperatur- und Druckmesstechnik (siehe Abbildungen).

Volumenstrommessungen mittels Ultraschallverfahren und Temperaturmessungen
Druckmessungen mittels magnetisch-induktiver Durchflussmessgeräte (MID)
Temperaturmessung an Entnahmestelle mit mobilem Handgerät

 

Abstrakte Werte werden plastisch

Oft führen viele einzelne Mängel in der Summe dazu, dass es zu Problemen in der Trinkwasserhygiene kommt. Durch eine reduzierte Wasserentnahme ist das Rohrleitungsvolumen nicht mehr passend, das Volumen eines Speichers wird zu lange nicht vollständig ausgetauscht oder ein fehlerhafter hydraulischer Abgleich verursacht Druckschwankungen.

 

Messtechnische Untersuchung einer Kupfer-Rohrleitung (DN 100): Entnommenes Volumen = 110 l/Tag, Kaltwasser-Temperatur auf Umgebungsniveau.

So ergab die messtechnische Untersuchung einer Kupfer-Rohrleitung mit DN 100 beispielsweise, dass das entnommene Volumen nur 110 Liter pro Tag beträgt. Durch diese unzureichende Wasserentnahme liegt die Kaltwasser-Temperatur dauerhaft auf dem Umgebungsniveau, wodurch die bei der Planung zugrunde gelegten Betriebsbedingungen für die Wasserentnahme und damit der  bestimmungsgemäße Betrieb der Rohrleitung nicht gegeben ist.

 

Messtechnische Untersuchung eines Speicher-Trinkwassererwärmers (400 Liter): Systematische Unterschreitung der zulässigen Temperatur von 60 °C am Speicher-Trinkwassererwärmer, Temperaturabnahmen im Tagesverlauf auf < 55 °C nahezu unabhängig von der Wasserentnahme, Abkühlung auf < 35 °C über Nacht.

Bei der messtechnischen Untersuchung eines Speicher-Trinkwassererwärmers mit einem Volumen von 400 Litern stellte sich heraus, dass die zulässige Temperatur von 60 °C am Trinkwassererwärmer systematisch unterschritten wird. Nahezu unabhängig von der entnommenen Wassermenge sinkt die Temperatur im Tagesverlauf auf weniger als 55 °C und kühlt über nacht sogar auf weniger als 35 °C ab. Ursache hierfür ist eine mangelhafte Wärmeübertragung des Speicherladesystems. Dieses hat zur Folge, dass das Speichervolumen nicht vollständig aufgeheizt wird und eine hygienisch bedenkliche Temperaturschichtung im Speicher stattfindet. Aufgrund der unzureichenden Erwärmung kann bei  Trinkwasserentnahme die geforderte Mindest-Temperatur im Trinkwassererwärmer nicht mehr gehalten werden. 
Die Zirkulationspumpe wurde aus hygienenischen Gründen dauerhaft betrieben. Das Speicherladesystem fährt in den Nachtstunden fälschlicherweise in die Nachtabsenkung.  Das heißt, es findet zu dieser Zeit keine Erwärmung mehr statt . Wärmeverluste des zirkulierenden Warmwassersystems samt Speicher sowie Warmwasserentnahmen führen zu hygienisch bedenklichen Temperaturbereichen sowohl im Speicher, als auch in der gesamten Trinkwasser-Installation.

 

Grafische Darstellung der Ausstoßzeit und Temperatur von Warmwasser an einem Waschtisch.

Messtechnische Untersuchungen an Entnahmestellen, zum Beispiel an einem Waschtisch, lassen Rückschlüsse auf den hydraulischen Abgleich innerhalb der Trinkwasser-Installation zu. Unsere Untersuchung ergab an einer solchen Entnahmestelle eine Anfangstemperatur von unter 25 °C bei einer geforderten Temperatur von 55 °C. Letztere wurde erst nach drei Minuten erreicht, nachdem 15 Liter Wasser abflossen. Das entspricht einer stagnierenden Leitungslänge von mehr als 45 Metern bei einer Rohrleitung mit DN 20. Die Ursachenforschung ergab, dass die Zirkulationsleitung nicht durchflossen und damit der hydraulische Abgleich des Zirkulationssystems nicht durchgeführt wurde.

 

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