Key Facts |
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Wie funktioniert die Wasserstoffmobilität?
Im Prinzip handelt es sich bei einem Wasserstofffahrzeug um ein Fahrzeug mit elektrischem Antrieb. Neben dem Elektromotor und einer kleinen Pufferbatterie sind zusätzlich eine Brennstoffzelle und ein Wasserstofftank als wesentliche Komponenten verbaut.
Durch eine chemische Reaktion in der Brennstoffzelle wird aus Wasserstoff sowie Sauerstoff aus der Umgebungsluft Strom, Wärme und Wasserdampf. Der produzierte Strom wird zum Antrieb des Elektromotors genutzt.
Durch den in der Brennstoffzelle generierten Strom tritt der Wasserstoff an die Stelle des Energiespeichers Batterie. Durch die hohe Energiedichte von Wasserstoff können zudem größere Reichweiten erreicht werden und man erspart sich hohe Verluste bei der Nutzlast, da der gefüllte Wasserstofftank wesentlich leichter ist als eine Batterie mit gleicher Energiemenge. Dazu kommen weitere Vorteile: Die Temperaturunabhängigkeit – anders als in batterieelektrischen Fahrzeugen leidet die Reichweite von Brennstoffzellenfahrzeugen bei kalten Temperaturen nicht. Durch diese Vorteile ergibt sich am wahrscheinlichsten ein Einsatzfeld im Bereich der schweren LKW, da dort hohe Reichweiten zurückgelegt werden müssen und die Nutzlast elementar ist.
Bei der Speicherung des gasförmigen Wasserstoffs im Wasserstofftank haben sich die Druckgrößen 350 bar und 700 bar durchgesetzt. BZ-Personenkraftwagen (BZ-PKW) besitzen in der Regel 700 bar Drucktanks, da hier nur begrenzter Platz zur Verfügung steht. Bei BZ-Nutzfahrzeugen sind beide Druckgrößen standardmäßig verfügbar.
Einordnung der Einsatzgebiete von alternativen Antrieben
Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich die Wahl der Antriebsart am Einsatzgebiet orientiert.
In der Abbildung 2 sind die wesentlichen alternativen Antriebsarten – batterieelektrischer Antrieb, Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb und Antrieb mit synthetischen Kraftstoffen. Die Uhr im Icon soll die höheren Reichweiten und den häufigeren Gebrauch des Fahrzeugs symbolisieren.
Bei geringen Reichweiten und niedrigem Gewicht ist in der Regel der batterieelektrische Antrieb im Bereich der Effizienz im Vergleich der beste Antrieb. Bei größeren Reichweiten und höherem Gewicht wird jedoch mehr Energie benötigt und das Gewicht der Batterien vermindern in der Regel in diesem Fall die geforderte Nutzlast. Außerdem können sich in diesem Anwendungsfeld oftmals keine längeren Ladepause geleistet werden, sodass sich Wasserstoff mit einer Betankungszeit, welche ähnlich der von konventionellen Kraftstoffen ist (Toyota, 2022), durchsetzen wird. Im Bereich der sehr großen Reichweiten und Transportgewichte wird eine noch höhere Energiedichte als beim gasförmigen Wasserstoff benötigt, sodass sich hier sehr wahrscheinlich die synthetischen Kraftstoffe durchsetzen werden. Wichtig ist allerdings, dass es keine grundsätzliche Empfehlung für eine bestimmte Antriebsart gibt und immer ein Abwägen für den Einzelfall erfolgen muss.
Gibt es bereits verfügbare Brennstoffzellen-Fahrzeuge (BZ-Fahrzeuge) auf dem Markt?
Brennstoffzellen-PKW sind bereits eine ausgereifte Technologie und werden von Herstellern wie z. B. Toyota und Hyundai serienmäßig am deutschen Markt angeboten. Mit einer Tankkapazität von ca. fünf bis sieben Kilogramm Wasserstoff und einem Verbrauch von ca. einem Kilogramm Wasserstoff auf 100 km sind typische Reichweiten (Toyota, 2022), im Vergleich zu PKW mit konventionellem Antrieb (Benzin- oder Diesel PKW), von über 500 km pro Tankfüllung möglich. Gegenüber einem PKW mit konventionellem Antrieb spart ein Brennstoffzellen-PKW im durchschnittlichen Betrieb jährlich bis zu 2,5 t CO2eq/a ein (Kraftfahrtbundesamt, 2021).
In der Tabelle 1 finden Sie die Kennzahlen der zwei BZ-PKW, welche aktuell am deutschen Markt verfügbar sind.
Tabelle 1: Marktübersicht BZ-PKW
Modell: |
Toyota Mirai II |
Hyundai Nexo |
Reichweite: |
650 km |
756 km |
Elektromotor: |
184 PS |
120 kW / 163 PS |
Tankinhalt: |
5,6 kg |
6,33 kg |
Preis: |
63.900 € |
77.008,40 € |
Quelle: |
Leichte Nutzfahrzeuge
In der Klasse der leichten Nutzfahrzeuge (zulässiges Gesamtgewicht von unter 3,5 t) gibt es aktuell bereits Fahrzeuge der Marken Renault und Stellantis. Für diese Fahrzeugtypen werden, wie bei den PKW, 700 bar Tanks genutzt und im durchschnittlichen Betrieb können im Vergleich zum konventionellen Antrieb bis zu 4,9 t CO2e/a eingespart werden (Kraftfahrtbundesamt, 2021).
In der Tabelle 2 finden Sie eine Übersicht über die aktuell am Markt verfügbaren Modelle. Die Fahrzeuge von Opel, Peugeot und Citroen werden gebündelt durch die Wasserstoffinitiative des Stellantis-Konzerns koordiniert. Als Basis werden die jeweiligen Transporter-Baureihen der Hersteller verwendet.
Tabelle 2: Marktübersicht BZ- Leichte Nutzfahrzeuge
Modell: |
Opel Vivaro-e HYDROGEN |
Peugeot e-Expert Hydrogen |
Citroen e-Jumpy Hydrogen |
HH-Transporter (Umbau mit Basis VW T6) |
Renault Master Z.E. u. Kangoo Z.E |
Reichweite: |
400 km |
400 km |
400 km |
250 km |
350 km |
Druckstufe: |
700 bar |
700 bar |
700 bar |
700 bar |
350 bar oder 700 bar |
Elektromotor: |
100 kW |
100 kW |
100 kW |
Keine Angabe |
Keine Angaben |
Tankinhalt: |
4,4 kg |
4,4 kg |
4,4 kg |
2 kg |
Keine Angaben |
Ladevolumen: |
5,3 bzw. 6,1 m³ |
5,3 bzw. 6,1 m³ |
5,3 bzw. 6,1 m³ |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Zuladung: |
1 t |
1 t |
1 t |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Preis: |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Auf Anfrage |
< 50.000 € |
Quelle: |
Schwere Nutzfahrzeuge
Ein vielversprechendes Einsatzgebiet bieten schwere Nutzfahrzeuge (zulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t). Insbesondere Busse, LKW und Sattelzugmaschinen haben hohe Reichweitenanforderungen, die von batterieelektrischen Fahrzeugen i. d. R. nicht wirtschaftlich abgedeckt werden können. Ein zwölf Meter langer Solobus spart durch eine durchschnittliche Jahresfahrleistung von ca. 55.000 km jährlich im Fahrbetrieb bis zu 60 t CO2eq/a ein (Kraftfahrtbundesamt, 2021). Da die Neubeschaffungszyklen im Vergleich zu privaten PKW deutlich kürzer sind, liegt hier ein Potenzial für kurzfristige THG-Einsparungen. Der Entwicklungsstand der schweren Nutzfahrzeuge ist unterschiedlich: Brennstoffzellenbusse (Solobus) sind am Markt etabliert und werden von vielen Herstellern angeboten. Abfallsammelfahrzeuge mit Brennstoffzellen befinden sich aktuell in der Markteinführung und werden bei immer mehr Entsorgungsbetrieben im Realbetrieb eingesetzt (Duisburg, 2021). LKW und Sattelzugmaschinen sind in Deutschland ebenfalls in der Markteinführung – anders als in der Schweiz, wo bereits zahlreiche Fahrzeuge im Regelverkehr unterwegs sind und bis 2025 insgesamt 1.600 LKW beschafft werden sollen (Reuters, 2020). Ab Mitte des Jahrzehnts wird ein serienreifes Angebot an Brennstoffzellen-LKW erwartet. Es wurden bereits mehr als 40 Hyundai Xcient BZ-LKW in die Schweiz zum Lebensmittelhändler MIGROS ausgeliefert und nach ersten Erfahrungen ist festzustellen, dass der Tankvorgang unwesentlich länger als beim vergleichbaren Diesel-LKW ist. Die Reichweite, Leistung und Fahreigenschaften haben sich wie angekündigt bestätigt. Der Elektromotor mit geringer Lärmemission und der ausschließliche Ausstoß von Wasserdampf am Auspuff bieten ideale Voraussetzungen für innerstädtische Anlieferungen in den Morgenstunden (Koch, 2021).
Die Wasserstoff-Roadmap des Landes Nordrhein-Westfalen gibt für die Beschaffung von schweren Nutzfahrzeugen ehrgeizige Ziele vor: Bis 2025 sollen mindestens 400 Brennstoffzellen-LKW und 500 Brennstoffzellenbusse im Regelbetrieb eingesetzt werden (Ministerium für Wirtschaft, 2020).
In der Tabelle 3 finden Sie die Kennzahlen zu bereits verfügbaren BZ-LKW (Hyundai Xcient, Hyzon HyMax) und zu geplanten Markteinführungen von BZ-LKW.
Tabelle 3: Marktübersicht BZ-LKW
Modell: |
Hyundai Xcient Fuel Cell |
Hyzon HyMax 450 |
Daimler Trucks Gen H2 |
Nikola/IVECO Tre FCEV |
FAUN (Umbau auf Basis von Daimler Econic) |
Reichweite: |
Keine Angabe |
650 km |
500 km |
800 km |
Individuell |
Fülldruck: |
350 bar |
350 bar |
Flüssiger H2 |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Elektromotor: |
350 kW |
450 kW |
2x 230 kW |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Tankinhalt: |
32 kg |
65 kg |
2x 40 kg LH2 |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Höchstgewicht: |
36 t
|
Bis zu 70 t |
40 t + 25 t |
40 t |
Keine Angaben |
Höchstgeschwindigkeit: |
85 km/h |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Verfügbarkeit: |
Verfügbar |
Verfügbar |
Ab 2027 in Serienproduktion |
Ende 2023 in Serienproduktion |
Auf Anfrage |
Preis: |
Keine Angaben |
Ab 500.000 € |
Keine Angaben |
Keine Angaben |
Auf Anfrage |
Quelle: |
Im Schienenpersonennahverkauf werden auf nicht-elektrifizierten Strecken seit einigen Jahren erste Brennstoffzellenzüge im Linienbetrieb eingesetzt (Wasserstoff-Gesellschaft Hamburg e.V., 2021). Mit Alstom und Siemens bieten zwei namhafte Hersteller ihre Produkte auf dem Markt an. Bei diesen Zügen wird der Wasserstoff mit 350 bar gespeichert und bei einem Verbrauch von 25 kg H2 auf 100 km kann mit einer Reichweite von ca. 1.000 km gerechnet werden. Durch die Substitution von konventionellen Dieselzügen mit einem Verbrauch von ca. 129 L/100 km kann bis zu 330 t CO2eq/a pro 100.000 km eingespart werden. Im Bereich der Güter- und Rangierloks befinden sich bereits erste Forschungsprojekte z. B. am Duisburger Hafen in der Umsetzung (Reinhold, 2021).
Gibt es noch Alternativen zum BZ-Fahrzeug im Bereich der Wasserstoffmobilität?
Wasserstoff kann neben einer Nutzung per Brennstoffzellen ebenfalls in einem Wasserstoff-Verbrennungsmotor genutzt werden. Sie unterscheiden sich durch ein modifiziertes Ansaugsystem, welches anstatt fossilen Kraftstoffes, Wasserstoff einbläst. Im Vergleich zur Brennstoffzelle mit einem Wirkungsgrad von ca. 60 % verfügt dieses System mit 35 % jedoch über einen geringeren Wirkungsgrad und erzeugt zudem Stickstoffoxid-Emissionen durch die Verbrennung (Klell, Eichlseder, & Trattner, 2018). Bereits 1999 stellt BMW erste Konzepte eines BMW 7er PKW mit Wasserstoffverbrennungsmotor vor, die Feldversuche wurden allerdings 2007 wieder abgebrochen. Der Motorenhersteller Deutz forscht hingegen weiterhin an dieser Technologie und stellt 2024 eine Serienproduktion in Aussicht (DEUTZ, 2021).
Ebenfalls interessant sind die Forschungen am organischen Trägermaterial LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier). Dabei handelt es sich um eine ölartige, organische Substanz, welche den Wasserstoff chemisch bindet. Das Reaktionsprodukt kann bei normalen Umgebungsbedingungen transportiert und Bedarf durch Zufuhr von Wärme wieder in die Ursprungsstoffe Wasserstoff und Trägerflüssigkeit (Dibenzyltoluol) zerlegt werden. Der deutsche Hersteller Schaeffler forscht in diesem Bereich in Kooperation mit dem Unternehmen Hydrogenious an der Entwicklung einer LOHC-Brennstoffzelle, welche eine leichtere Handhabung von Wasserstoff erlaubt (Schaeffler_AG, 2022).