Schwer erreichbare junge Menschen lassen sich in verschiedene Phasentypen einteilen. Wie dieses Wissen in der Jugendarbeit strategisch zu nutzen ist, darüber berichtete Laura Kress, Mitarbeiterin im Forschungsprojekt. (Foto: FH Münster/Pressestelle)

Münster (30. März 2015). Im Münchener Stadtteil Hasenbergl wachsen viele Kinder und Jugendliche unter schwierigsten Bedingungen auf. Auf dem Weg zu einem erfolgreichen Schulabschluss und einer Berufsausbildung fördert die Einrichtung "Lichtblick Hasenbergl" diese jungen Menschen. Doch was, wenn sie die Hilfsangebote nicht sehen können oder wollen? Wenn sie die für ihre Entwicklung förderlichen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, psychischen Betreuungsangebote oder Wohnmöglichkeiten nicht annehmen?

"Lichtblick Hasenbergl" ist eine von acht Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet, mit denen eine fünfköpfige Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Merchel genau diesen Fragen nachgegangen ist. Dazu startete vor zweieinhalb Jahren der Hochschullehrer am Fachbereich Sozialwesen der FH Münster das Forschungsprojekt "Schwer erreichbare junge Menschen als Zielgruppe der Jugendsozialarbeit". Er untersuchte mit seinem Team jene Faktoren in der Biografie von Jugendlichen und ihre Erfahrungen mit verschiedenen Einrichtungen, die dazu führen, dass sie Hilfen nicht annehmen.

Ziel des Projekts war es, Angebote und Arbeitsformen zu entwickeln, die Jugendliche akzeptieren und in die sich integrieren. Dafür hat die Forschungsgruppe zunächst Jugendliche befragt und umfangreiche biografische Interviews mit ihnen geführt. In den acht beteiligten Trägern und Einrichtungen der Jugendsozialarbeit hat das Projektteam die Organisation analysiert sowie Führungskräfte und Mitarbeiter interviewt; Interviewpartner waren auch Akteure in Jugendämtern und Jobcentern.

"Nach der Auswertung haben wir daraus praktische Schussfolgerungen gezogen und zu insgesamt 21 Handlungsempfehlungen zusammengefasst", berichtete Merchel nun auf einer Fachtagung, bei der die Ergebnisse des Forschungsprojekts vorgestellt wurden.

Schwer erreichbare junge Menschen, so eine Schlussfolgerung, lassen sich in verschiedene Phasentypen einteilen. Mit diesem Wissen können jetzt sozialpädagogische Fachkräfte die Erfahrungen von Jugendlichen differenzieren und daraus Strategien entwickeln, um sie in einer bestimmten Lebensphase gezielter anzusprechen. Empfehlungen beziehen sich außerdem auf Personalmanagement sowie die Zusammenarbeit von Jugendämtern und Trägern der Jugendsozialarbeit. Die Unterstützungsprogramme an der Zielgruppe der Jugendlichen auszurichten sollte ein wesentliches Erfolgskriterium der sich gerade entwickelnden "Jugendberufsagenturen" werden.

Und nicht zuletzt müssten sich die Rahmenbedingungen verbessern. "Eigentlich benötigen die Träger", so Merchel, "besonders kompetente und engagierte Pädagogen und handwerkliche Fachkräfte". Konfrontiert seien sie jedoch mit eingeschränkter Finanzierung, kurzen Projektlaufzeiten mit entsprechend instabilen Arbeitsbedingungen, mit geringer Bezahlung der Mitarbeiter und einer hohen Personalfluktuation.

Zu den positiven Ergebnissen gehört aber auch, dass vier der acht Praxispartner in der Projektlaufzeit Ideen entwickelt und umgesetzt haben, um Jugendliche für Hilfsangebote zu erreichen. "Lichtblick Hasenbergl" etwa stellte auf dem Fachtag das sogenannte Peer Mentoring vor. Jugendliche, die von Kindesbeinen an hier betreut wurden, sind nun Ansprechpartner für Jugendliche, die die Betreuung noch dringend nötig haben. "Es ist etwas anderes, ob Sozialpädagogen oder inzwischen erfolgreiche Jugendliche Gleichaltrige ohne Ausbildung und ohne Berufsperspektive beraten", erklärt Dörthe Friess, Pädagogische Leiterin bei Lichtblick. Die Mentoren initiieren den ersten Kontakt, dienen als Vorbilder in Gruppensituationen und Ratgeber. Mit dem bewilligten Projektgeld hat die Einrichtung eine Stelle schaffen können, die unter anderem die Mentoren ausbildet.

Zum Thema: Das Forschungsprojekt "Schwer erreichbare junge Menschen als Zielgruppe der Jugendsozialarbeit" hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Auftrag gegeben und finanziell gefördert. Ein Fachbeirat, dem neben Vertretern aus Wissenschaft und Praxis auch der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Karl Schiewerling, angehörte, unterstützte die Forschungsgruppe. Die Ergebnisse werden in einem ausführlichen Forschungsbericht im Verlag Beltz Juventa und in einer Kurzfassung auf der Internetseite des BMFSFJ veröffentlicht.

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