Nachbarn helfen Pflegebedürftigen: Erfolgsmodell aus den Niederlanden unter der Lupe

In den Niederlanden ist es gang und gäbe: Ein Netzwerk, darunter auch Nachbarn, kümmert sich um pflegebedürftige Menschen. „Buurtzorg“, also Nachbarschaftshilfe, heißt dieses Modell. Würde das auch in Deutschland funktionieren? Das will ein Team mit Unterstützung unseres Fachbereichs Gesundheit herausfinden – im Projekt „Buurtzorg Evaluation“.  

Zum Team gehören das Netzwerk Gesundheitswirtschaft Münsterland e.V. (GeWi) – vertreten durch Monique Bruns und Iris Feldmann –, unsere Hochschule mit Prof. Dr. Rüdiger Ostermann und Tobias Becker sowie die Hochschule Osnabrück – hier unterstützen Prof. Dr. Andreas Büscher und Eva Gruber. Das Ziel: Das Modell aus den Niederlanden auf wissenschaftlicher Ebene mit dem hierzulande bekannten traditionellen ambulanten Pflegedienst zu vergleichen und zu evaluieren. „Wir wollen herausfinden, wie genau ‚Buurtzorg‘ organisiert ist und erforschen, ob es mit unserem System kompatibel ist – vor allem mit Blick auf die pflegebedürftigen Menschen, das Pflegepersonal und die Rahmenbedingungen“, sagt Ostermann, Dekan unseres Fachbereichs Gesundheit.

Grundidee von „Buurtzorg“ sei es, die pflegebedürftige Person in den Mittelpunkt zu stellen und dabei ihre Eigenständigkeit zu wahren und ihre Unabhängigkeit zu unterstützen, so Bruns. „Das gelingt, weil die Pflegekräfte ein breites lokales Unterstützungsnetzwerk rund um ihre Klienten aufbauen. Dabei beziehen sie Sozialarbeiter, Ärzte und Nachbarn mit ein“, erklärt Ostermann. Dieses Netzwerk organisiert sich weitgehend autark, es unterliegt also nicht – wie in Deutschland üblich – der Supervision durch die verantwortliche Pflegekraft, und pro Klient gibt es maximal zwei zuständige Pflegekräfte, die sich um ihn kümmern – und mit dem sozialen Umfeld interagieren, Kontakte zur Apotheke und zum Arzt vermitteln, den Pflegeverlauf detailliert kennen. Drei Jahre haben die Projektpartner dafür Zeit. „Ziel ist es, den Pflegenden wieder den Raum zu geben, das zu tun, was sie anfangs veranlasst hat, den Beruf zu ergreifen: die Pflege!“, sagt Büscher.

Sollten die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation für das Buurtzorg-Modell in Deutschland positiv ausfallen, sind Änderungen im System durchaus denkbar. Eins zu eins lässt sich „Buurtzorg“ aber nicht auf Deutschland anwenden. „Dazu sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu unterschiedlich. Und hier gibt es andere Finanzierungslogiken als in den Niederlanden“, erklärt Bruns. „Die Krankenkassen können nicht von heute auf morgen komplett das System ändern, aber vielleicht lassen sich durch unser Projekte kleine Impulse setzen. Denn der Bedarf nach einem guten ambulanten Pflegemodell ist da“, sagt Tobias Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachbereichs Gesundheit. Das sieht auch der GKV-Spitzenverband so und fördert deshalb das Projekt im Rahmen des Modellprogramms zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung.

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