Renditen von sozialen Investitionen werden messbar

Münster (8. Mai 2009). Erhält ein Langzeitarbeitsloser eine Umschulung, dann kostet das den Staat erst einmal Geld. Doch es ist ein Einsatz, der sich finanziell lohnt. Denn findet der Betroffene danach eine neue Stelle, fließt der Betrag als Steuereinnahme später wieder zurück. Wie genau sich der Ertrag dieser sozialen Investition messen lässt, das lernten Mitarbeiter aus Kommunen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen seit Oktober.

Die Transferagentur und das Institut für Praxisentwicklung und Evaluation (IPE) - beides Einrichtungen der Fachhochschule Münster - schulten sie im Umgang mit dem Instrument "Social Return on Investment" (SROI). Jetzt erhielten die Teilnehmer ihre Abschlusszertifikate.

Hintergrund der Weiterbildung war eine probeweise Einführung von SROI in Münster und weiteren Gemeinden in Niedersachsen und den Niederlanden. Die Hochschule begleitete das von der EUREGIO finanzierte Projekt wissenschaftlich. Dabei zeigte sich: "Ein sinnvoller Einsatz des Instruments ist nur dann möglich, wenn die Mitarbeiter über eine gewisse Methodenausbildung verfügen", so Prof. Dr. Rüdiger Ostermann.

Gemeinsam mit drei Kollegen vom IPE schulte der Dekan des Fachbereichs Pflege und Gesundheit an der Fachhochschule Münster daher die Kommunenvertreter, die in Zukunft mit SROI arbeiten sollen. In rund 80 Stunden lernten sie beispielsweise, Fragebögen nach empirischen Standards zu erstellen oder Ergebnisse in Grafiken zu veranschaulichen. Auch Statistik gehörte zum Lehrplan.

Sicher, ein ganzes Studium hätten die Mitarbeiter aus dem Öffentlichen Dienst in dieser Zeit nicht nachholen können, räumte Prof. Dr. Jan Jarre ein. "Wir vermittelten ihnen aber profunde Kenntnisse, die für die Arbeit mit SROI ausreichen", versicherte der Hochschullehrer vom Fachbereich Oecotrophologie, der einen Teil der Schulung übernahm.


Münster (10. Oktober 2008). Den Ertrag sozialer Investitionen messen - geht das überhaupt? Ja, findet Peter Scholten, mit dem "Social Return of Investment", kurz SROI. Voraussetzung dafür aber sei, dass die Ziele klar formuliert sind.

Die Methode aus den USA überträgt ein betriebswirtschaftliches Modell auf soziale Projekte und Maßnahmen. "Der englischen Regierung ist es immerhin eine Million Pfund wert, diese Methode einzuführen", weiß der niederländische Experte für Sozialunternehmertum.

Zurzeit testen Münster und andere Kommunen das Instrument, gefördert von der Euregio und der Stadt Münster. Fachkräfte aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen machten sich nun in einem Workshop am Leonardo-Campus damit vertraut.

Mit der Organisation und der Schulung beauftragte die Stadt Münster die Transferagentur und das Institut für Praxisentwicklung und Evaluation (IPE) an der Fachhochschule Münster. "An dem Institut arbeiten Wissenschaftler der Fachbereiche Sozialwesen, Pflege und Gesundheit sowie Oecotrophologie zusammen, um soziale Dienstleistungen zu begleiten und zu begutachten", so Jochen Köhnke. "Diese Erfahrungen wollen wir nutzen, um Mitarbeitern in Städten und Gemeinden diese Methode nahezubringen."

Nur die FH Münster könne das bisher leisten, so der Dezernent für Migration und Interkulturelle Angelegenheiten bei der Stadt Münster. Köhnkes Vorstellung ist, dass das Prinzip, den Wert einer Leistung im Integrationsbereich zu ermitteln, auch auf andere Bereiche übertragbar ist.

Hinter SROI steht die Annahme, dass jedes Unternehmen, kommerziell oder gemeinnützig, einen Wert erzeugt. Das können ökologische, materielle oder eben auch soziale Werte sein. Die Kunst, so Prof. Dr. Rüdiger Ostermann, bestünde darin, diese messbar zu machen. "Jeder Beitrag eines Subventionsgebers", sagt der Dekan des Fachbereichs Pflege und Gesundheit, "stellt eine Investition in das Projekt dar."

Im unternehmerischen Bereich macht ein vorab erstellter Geschäftsplan den Geldgebern ein gewisses Erfolgsversprechen plausibel. Bei sozialen Initiativen geht es nicht ums Geldverdienen. Hier hofft man vielmehr auf einen gesellschaftlichen Ertrag. Umso mehr müssen Begrifflichkeiten definiert und ausgehandelt werden, denn nur dann lasse sich Lebensqualität auch messen, ergänzt Prof. Dr. Marcellus Bonato vom Fachbereich Pflege und Gesundheit.

Dazu berücksichtigt SROI verschiedene Faktoren und misst den Erfolg der Maßnahme am Erfolg seiner Teilnehmer. Wenn zum Beispiel ein Langzeitarbeitsloser, der einen speziellen Kurs besucht hat, anschließend wieder in Lohn und Brot ist, so bedeutet das zusätzliche Steuereinnahmen. Das in das Kursangebot investierte öffentliche Geld fließt somit zurück.

"Auch bei weniger eindeutigen Fällen lässt sich mehr messen, als man denkt", ist Prof. Dr. Jan Jarre überzeugt. Der Zwang, alles in Geld aufzuwiegen, rufe aber auch Kritik hervor. "Der Preis ist Indikator in der Volkswirtschaft, und dem müssen wir uns auch in den so genannten weichen Bereichen stellen", so der Wissenschaftler vom Fachbereich Oecotrophologie. Letztlich werden Organisationen und Politiker so gezwungen, über ihre Mission nachzudenken und sich konkrete Ziele zu stecken.

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