Industrielle Abwärme als Energiequelle

Ob in der Industrie, im Gewerbe oder in Haushalten – in vielen Bereichen entsteht als Nebenprodukt Abwärme, die bislang häufig ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird. Eine Forschungsgruppe mit Beteiligung von Prof. Dr. Tilman Sanders und Prof. Dr. Dieter Scholz von unserer Hochschule sieht darin ein großes Energiepotenzial.

Im Projekt „THEAsmart II“ untersuchen Wissenschaftler*innen und Industriepartner*innen gemeinsam, wie thermische Energie mit Hilfe sogenannter Formgedächtnislegierungen (FGL) umgewandelt und nutzbar gemacht werden kann. Das Vorhaben wird vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft über drei Jahre.

„Insbesondere industrielle Abwärme mit geringen Temperaturen bis 100 Grad lässt sich bislang schlecht in andere Energieformen umwandeln“, erläutert Sanders, Leiter des Labors für Leistungselektronik und elektrische Energietechnik der FH Münster. „In unserem Teilprojekt entwickeln wir dazu einen Energy Harvester, also ein Gerät, das die Wärmeenergie in elektrische Energie umwandelt“, ergänzt sein Kollege Scholz vom Fachbereich Maschinenbau. Möglich wird dieser Vorgang durch spezielle Materialien, die unter Wärmeeinfluss ihre Form verändern. „Diese Formgedächtnismaterialien gibt es schon seit den 1960er Jahren. Man kennt sie zum Beispiel aus Zahnspangen – die Drähte ziehen sich im warmen Mund zusammen und verrichten mechanische Arbeit“, erläutert Scholz. Der Ansatz, diese Materialien in Kombination mit Abwärme zur Stromproduktion zu nutzen, sei bislang einzigartig.

Die enge Zusammenarbeit der Disziplinen Elektrotechnik und Maschinenbau sehen die beiden Wissenschaftler als großen Gewinn. Scholz entwickelt im ersten Zwischenschritt ein Gerät, das aus der durch Abwärme freigesetzten Kraft der Formgedächtnismaterialien eine Bewegung erzeugt. Sanders fokussiert sich im zweiten Schritt auf den Bau eines Generators, der diese Bewegung wiederum in Strom umwandelt. Anwendungsbereiche seien zum Beispiel Lüftungs- oder Heizungsanlagen. „Die Idee ist, die anfallende Abwärme innerhalb eines Systems als Strom zurückzuführen“, beschreibt Sanders. „Die Einspeisung ins öffentliche Stromnetz ist erst einmal nicht unser Ziel. Dazu ist das Verfahren zu teuer und zu aufwendig. Doch selbst mit einer solchen Nischenanwendung könnte man je nach Technologie jährlich 7 bis 13 Millionen Tonnen CO2 vermeiden und große Mengen fossiler Energieträger einsparen.“

Neben der FH Münster sind die Forschungsgemeinschaft für Werkzeuge und Werkstoffe (FGW), die Hochschule Bochum sowie die Firma Bleco Apparatebau GmbH an dem Vorhaben beteiligt. Die Firma Dörschler GmbH begleitet das Projekt als assoziierter Partner. Das Forschungskonsortium wird durch die „Neue Effizienz“ geleitet, ein Zusammenschluss aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen im Bergischen Städtedreieck Wuppertal, Remscheid und Solingen. Im Vorgängerprojekt „THEAsmart“ (Thermische Energierückgewinnung aus Abwärme durch Smart Materials) wurde die Nutzung von Wärmequellen mit Hilfe von FGL-Systemen grundsätzlich als technisch möglich, wirtschaftlich tragfähig und ökologisch sinnvoll bewertet.

 

Zum Thema: Seit vielen Jahrzehnten sichern deutsche Unternehmen als Innovationstreiber den Wohlstand der Exportnation und setzen international Impulse für eine nachhaltigere Wertschöpfung. Bei einigen zentralen Zukunftstechnologien spielt Deutschland im globalen Wettbewerb allerdings inzwischen eine Nebenrolle. Es bedarf einer gesellschaftlichen Anstrengung, dies wieder zu ändern. Die FH Münster hat diese Herausforderung daher in ihrem aktuellen Hochschulentwicklungsplan adressiert. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften will sie unter anderem mit ihren profilierten technischen Fachbereichen und Forschungsinstituten auch in den kommenden Jahren Beiträge leisten, die Attraktivität des Technologie- und Wirtschaftsstandortes Deutschland zu stärken. Neben dem Jahresmotto Nachhaltigkeit stellt die FH Münster vom 14. bis einschließlich 25. März vielfältige Aktivitäten und Projekte im Themenfeld Zukunftstechnologien vor.

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