Daran hat Schokry während seines Forschungsaufenthalts bei unserem Zentrum für Ergonomie und Medizintechnik (ZEM) gearbeitet, und seine erhobenen Messdaten mit den gesetzlichen Normen abgeglichen – national und international. In Deutschland dürfen Inkubatoren beispielsweise die 60 Dezibel-Lärm-Grenze nicht überschreiten, in den USA, Japan und anderen Industrienationen sind maximal 45 Dezibel erlaubt.

Für seine Messungen hat er ein Krankenhaus in Bonn besucht. „Gut, dass ich die Messtechnik vom Labor benutzen durfte, so ein gutes Equipment habe ich an meiner Universität in Gaza leider nicht.“ Abed Schokry lehrt und forscht im Bereich Arbeitswissenschaft, Arbeitsschutz und Qualitätsmanagement. Lärm ist ein Dauerthema für ihn – nicht nur wissenschaftlich. „Zuhause drücken so viele auf ihre Autohupe, und dann sind da noch die israelischen Drohnen über unseren Köpfen, die auch nicht gerade leise sind. Das ist sehr belastend.“

Warum Schokry unbedingt in Deutschland forschen wollte? Das Land ist für ihn eine zweite Heimat: „Einmal Berlin, immer Berlin!“ Von 1990 bis 2007 hat er dort gelebt, gearbeitet, studiert, hat mit seiner Frau zwei Kinder bekommen, sich politisch engagiert. Aber irgendwann zog es ihn zurück in die Heimat. 2015 war er zuletzt hier. „Das war das letzte Mal, dass ich aus Gaza ausreisen konnte.“ Dass es dieses Mal, vier Jahre später, überhaupt geklappt hat mit der Ausreise, ist für ihn nicht selbstverständlich.


„Ich bin über die ägyptische Grenze nach Kairo und von da mit dem Flugzeug weiter. Von Gaza nach Kairo habe ich vor vier Jahren drei Stunden gebraucht. Jetzt waren es 14. Die Sicherheitskontrollen sind riesig, du weißt nie, ob die Grenze wirklich geöffnet ist. Meinen Flug nach Deutschland habe ich erst gebucht, als ich in Ägypten hinter der Grenze war.“ Die politische Situation und alle Rahmenbedingungen, die sie mit sich bringt, machen es für den Professor unmöglich, an internationalen Konferenzen teilzunehmen. „Es ist leider schwierig, so etwas zu planen.“

Trotzdem hält Schokry seine Kontakte zu internationalen Wissenschaftlern oder zu ehemaligen Kollegen – wie zu Prof. Dr. Claus Backhaus. Die zwei kennen sich von ihrer gemeinsamen Zeit an der TU Berlin. 1997 war Backhaus dort wissenschaftlicher Mitarbeiter, und Schokry begann mit seiner Promotion. „Da wurden wir Kollegen.“ Der Kontakt blieb und hielt. Auch, als Schokry zurück nach Gaza ging. Jetzt haben sich die beiden endlich wiedergesehen – live, nicht wie sonst via Skype.
Von Theresa Gerks