„Es hatten sich schon zwölf Studierende von unserer Hochschule angemeldet, als ich die Präsenz-Summer School zum Thema „Innovation Districts – Discovering the elements that boost knowledge-based economies“ zu Beginn des Semesters vorgestellt hatte. Als dann klar wurde, dass das so nicht mehr geht, war unser Ziel sofort, dass wir die Summer School auf jeden Fall digital stemmen wollen“, erzählt Umanzor. Denn die Studierenden brauchen die Credit Points und das Projekt spielt für die internationale Vernetzung eine wichtige Rolle.

Umanzor hatte anfangs keinen ausgefeilten Plan für die Durchführung einer digitalen Summer School, dafür aber die nötige Erfahrung, ein eingespieltes Team und jede Menge Herzblut für das Projekt. So kam sie selbst im Jahr 2017 durch die Teilnahme an einer Summer School an unsere Hochschule. Damals begleitete Umanzor Studierende von der Universität La Sabanain Kolumbien, wo sie wohnte und lehrte, nach Münster – dorthin, wo sie die ersten acht Jahre ihres Lebens verbrachte. „Ich habe gemerkt, dass ich wieder nach Münster wollte und mich am S2BMRC beworben. Das hat sofort geklappt und seitdem organisiere ich die Summer School selbst“, so die Wahlmünsteranerin.

Normalerweise besuchen 30 bis 50 Teilnehmende die Summer School, in diesem Jahr waren es 45. Die große Überraschung war jedoch, dass 97 Bewerbungen eingegangen sind und zum ersten Mal ein Auswahlverfahren durchgeführt werden musste. „In den vorherigen Jahren war es ehrlich gesagt schwer, die Gruppe voll zu bekommen. Aber mit so vielen Bewerberinnen und Bewerbern für das digitale Programm habe ich nicht gerechnet. Positiv war sicherlich, dass das zweiwöchige Angebot komplett kostenfrei war“, so Umanzor.
Jeden Freitag um 11 Uhr traf sich das fünfköpfige Organisations-Team virtuell und dann standen viele To-Dos an. Unterkünfte und den Exkurs nach Berlin stornieren, Restaurantreservierungen absagen und alle Inhalte virtuell „übersetzen“. Daraus wurde ein Mix aus Live-Streaming-Angeboten online und Selbststudium offline. „Wichtig war uns neben den Video-Konferenzen der virtuelle Klassenraum, wo wir alles nachhalten und dokumentieren konnten. Dort haben wir Aufgaben formuliert, Literaturlisten erstellt, Fragen beantwortet, gechattet und natürlich auch im Social Chat etwas „Quatsch“ gemacht“, gesteht Umanzor.

Die soziale Interaktion stand viel mehr im Fokus als bei Präsenzveranstaltungen. Wie schafft man eine Vertrauensbasis, eine lockere Atmosphäre und eine Bindung zwischen allen Beteiligten aus elf verschiedenen Nationen und von acht Universitäten, wenn sich alle nur am Bildschirm sehen? Dafür war Creativity Coach Joshua Mahaney zuständig. Jeden Morgen begann er mit einer 30-minütigen kreativen Einheit. Es wurde getanzt, gemalt und gelacht – immer aber in Verbindung mit thematischen Inhalten und dem Ziel, die Energie der Studierenden zu wecken und für ein positives Klima zu sorgen. Um dieses Ziel auch den ganzen Tag über zu erreichen, galten drei Regeln für die Zusammenarbeit: „Be present, check-in, be open minded“. „Damit war gemeint: 1. Schau in die Kamera und sei aufmerksam, 2. wenn du online kommst, ‚proste symbolisch‘ allen zu und sage deinen Namen und 3. sei aufgeschlossen anderen gegenüber. Wir haben gemerkt, dass diese Rituale der Gruppendynamik sehr geholfen haben, was bei allen sehr gut ankam. Zumindest haben wir unglaublich viel positives Feedback von den Studierenden erhalten, die nach dem virtuellen Abschlusskonzert von meinem Bruder Eduardo Umanzor am letzten Abend ganz traurig waren, dass die Zeit um ist,“ erklärt die Organisatorin.

Für Umanzor ist die Summer School nicht nur ein Herzensprojekt, das sie wieder zurück in ihre Heimat brachte, sondern auch ein wichtiges Zukunftsthema. So hat sie bereits mehrere Anfragen von Kolleginnen und Kollegen zu ihrer Summer School erhalten und einen virtuellen Vortrag vor 500 Interessierten an der UNAH, der größten Universität in Honduras gehalten.

„Ich freue mich natürlich sehr, dass unser Programm als ein positives Beispiel gesehen wird und wir das Angebot auf einem qualitativ hohen Niveau durchführen konnten. Wenn ich nach meinem Geheimrezept dazu gefragt werde, antworte ich gerne, dass ich es wie beim Kochen mache. Ich schaue, welche Ressourcen ich habe, bin flexibel und mache mit viel Intuition das Beste daraus. Daher freue ich mich jetzt schon auf die nächste Summer School und hoffe, dass das Programm allen „schmeckt“ – ob online oder offline“.
Von Rena Ronge