Neugierig war Julia schon immer. Während ihrer Schulzeit kristallisierte sich heraus: Die Chemie hat für sie einen ganz besonderen Reiz. „Das ist nicht nur stumpfes Auswendiglernen, sondern es geht darum, Zusammenhänge zu verstehen.“ Das habe sie fasziniert – so sehr, dass sie sich für Chemie als Leistungskurs entschied.
„Ein Jahr vor dem Abi habe ich angefangen, mir zu überlegen, was ich nach der Schule machen will.“ Zu dieser Zeit besuchte Stefanie Schäfer, unsere Schulkoordinatorin für die technischen Fachbereiche auf unserem Steinfurter Campus, alle Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs Q1 des Gymnasiums Dionysianum und des Emsland Gymnasiums in Rheine. „Sie hat uns von der Möglichkeit erzählt, eine Campus-Führung zu machen. Den Vorschlag fand ich super und habe mich bei ihr gemeldet.“ Danach wusste Julia: Ein ingenieurwissenschaftliches Studium in Steinfurt könnte ihr gefallen. Oder sollte sie doch lieber ihrer zweiten Leidenschaft nachgehen und Geschichte studieren? „Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Frau Schäfer bot mir aber an, ein Praktikum in einem der Labore zu machen – und bei Prof. Jüstel hat es dann tatsächlich geklappt.“
14 Tage lang schnupperte sie im Labor für anorganische und analytische Chemie Hochschulluft – und fing noch während der zweiten Woche mit dem Schreiben ihrer Studienbewerbung an. „Ich habe einfach gemerkt: Das ist es!“ Im Mittelpunkt stand die Synthese eines Leuchtstoffs – kurz: YAG:Ce –, der überwiegend in LED-Leuchten eingesetzt wird. Gemeinsam mit Dr. David Enseling nahm Julia einen LCD-Bildschirm eines alten Computers auseinander und erfuhr mehr zur Funktionsweise der Hintergrundbeleuchtung und zum Aufbau des Flüssigkristalls. Außerdem schaute sie den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Labor bei der Analyse von Stoffproben über die Schulter, lernte Geräte wie ein Fluoreszenzspektrometer kennen und wies zusammen mit Doktorand Jan-Niklas Keil die Gelatine-Zucker-Mischung in Gummibärchen nach – durch ein chemisches Verfahren. „Chemie kann auch Spaß machen“, sagt Julia schmunzelnd.
Und den lässt sie sich auch von Corona nicht verderben. „Ich bin froh, im Wintersemester wenigstens ab und an Veranstaltungen in Präsenz gehabt zu haben, als das noch ging, wie zum Beispiel das Physikpraktikum bei Markus Gilbert und Simon Siebers.“ Manches funktioniere so einfach besser – das gelte auch für die Kommunikation in ihren Lerngruppen. „Momentan lernen wir via Videokonferenz und tauschen uns so aus. Das ist ganz schön anstrengend, und ich freue mich, wenn wir das irgendwann wieder ganz normal machen können.“ Mit den Online-Vorlesungen komme sie gut klar, und die Abstands- und Hygieneregeln hätten alle sowieso längst verinnerlicht. „Ich stecke den Kopf nicht in den Sand, sondern mache das Beste aus der Situation“, sagt Julia und wählt sich in die nächste Videokonferenz ein: Die Mathematikvorlesung von Prof. Dr. Martin Pott-Langemeyer startet bald. Danach steht erst mal wieder ein Steinfurt-Tag an, denn auch das Analytikpraktikum bei Dr. Enseling findet vor dem Shutdown unter Corona-Bedingungen statt, aber glücklicherweise in Präsenz: im Labor.
Von Katharina Kipp