„Das erste Semester war spannend“, fasst Stalljohann zusammen. Als sich im Spätsommer abzeichnete, dass die Infektionszahlen wieder steigen würden, plante der Leiter des Labors für Softwarearchitektur alle Vorlesungen und Praktika als E-Learning-Formate. „Ich habe schon vor der Pandemie positive Erfahrungen mit virtuellen Sprechstunden oder Online-Cloudplattformen gemacht“, berichtet der 39-Jährige, der vorher an einer anderen Hochschule eine Professur innehatte. „Aber, dass ich in Steinfurt bisher noch keine Studierenden persönlich getroffen habe, ist schon verrückt.“

Auch das Kennenlernen seiner neuen Kolleg*innen gestaltete sich schwierig. „In Dienstbesprechungen per Videokonferenz habe ich sicherlich fast alle einmal gesehen, aber ich kenne noch längst nicht alle persönlich“, sagt Stalljohann. Bei Fragen wende er sich daher immer an eine Handvoll Personen, die er im September getroffen hat oder die ihm fachlich nahe sind. Für einen unkomplizierten Austausch sorgt auch ein Gruppenchat, in dem sich alle Hochschullehrenden des Fachbereichs organisiert haben. Doch den persönlichen Kontakt können diese Kommunikationskanäle nicht ersetzen. „Am meisten fehlt mir das gemeinsame Mittagessen“ erzählt er. „Ich bin vorher immer mit Kolleginnen und Kollegen in die Mensa gegangen. Man erzählt sich, wie die Vorlesung war, was einen privat umtreibt. Das war immer sehr bereichernd.“
Für Ungru war das Wintersemester bereits das zweite Semester unter Corona-Bedingungen. Sie startete vor rund einem Jahr als Leiterin des Labors für Visual Computing, nachdem sie zuvor schon mehrere Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich tätig war. „In meinem ersten Semester war ich wie alle anderen auch völlig überrumpelt von der Pandemie und ihren Auswirkungen“, erzählt sie. „Ich kannte allerdings schon alle Kolleg*innen und den Campus. Das habe ich als Vorteil empfunden, weil ich sozial bereits voll integriert war.“

In der Onlinelehre fehlen ihr besonders der persönliche Draht zu den Studierenden und Zeit für Gespräche. „Ich kann weniger gut kontrollieren, ob wirklich ankommt, was ich gesagt habe. In größeren Veranstaltungen ab 30 Personen wird es besonders schwierig. Man bekommt die Reaktionen der Studierenden einfach nicht mehr mit und erkennt nicht, wenn jemand gedanklich abdriftet. In Präsenz kann ich mich eher mal zu jemandem dazusetzen und etwas erklären. Jetzt hat man durchorganisierte Zeiten und es ist schwer, Einzelnen ein bisschen mehr Zeit zu geben.“

Für die Zukunft wünschen sich beide vor allem wieder mehr persönliche Treffen. „Ich starte ein Wandelfonds-Projekt. Es wäre toll, wenn wir dafür mit dem Team gemeinsam im Labor arbeiten könnten. Außerdem würde ich gerne mal wieder mit Freunden grillen“, sagt Stalljohann. Ungru stimmt ihm zu: „Ich freue mich darauf, Studierende live zu treffen und meine Familie mal wieder ohne Maske zu besuchen. Im LWL-Museum für Naturkunde präsentieren wir außerdem ein interdisziplinäres Ausstellungsprojekt zur ökologischen Nische – es wäre schön, wenn das mit Besucher*innen möglich wäre.“
Von Jana Schiller