Bezahlen mit dem Smartphone: Kommt die neue Technologie an?

Wer will, kann sein Portemonnaie zu Hause lassen und einfach mit dem Smartphone zahlen: Google Pay und Apple Pay machen das möglich. Aber wird die Technologie wirklich im deutschen Zahlungsverkehr ankommen? Und wie sicher ist sie? Prof. Dr. Manuel Rupprecht von unserem Fachbereich Wirtschaft und Prof. Dr. Christian Störte von unserem Fachbereich Elektrotechnik und Informatik ordnen sie ein.

Herr Prof. Rupprecht, allgemein ist ja bekannt, dass die Deutschen ziemlich bargeldverliebt sind. Wie passt das mit Google Pay zusammen?

Rupprecht: Zunächst einmal möchte ich mit einem Vorurteil aufräumen: Es stimmt zwar, dass hierzulande rund 75 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld getätigt werden, aber im Süden Europas – zum Beispiel in Italien, Griechenland und Spanien – ist die Quote höher, da sind die Menschen noch bargeldfixierter. Für die übrigen 25 Prozent nutzen die Menschen in Deutschland im Wesentlichen EC- und Kreditkarten. Lösungen wie Google Pay und Apple Pay sind eigentlich nur eine weitere technologische Raffinesse im sogenannten kontaktlosen Zahlungsverkehr.

 

Herr Prof. Störte, wie funktioniert das technisch?

Störte: Mit der NFC-Technologie. Das steht für „Near Field Communication“ und ist eine Kommunikationsschnittstelle, die nach und nach auf den gängigen EC- und Kreditkarten implementiert wird. Man zahlt dann zwar mit Karte, legt diese am Kartenlesegerät an der Kasse aber nur noch auf. Bei kleineren Beträgen bis 25 Euro entfällt sogar das Eingeben der PIN. Apple Pay und Google Pay nutzen ebenfalls diese Technologie.  

 

Karte auflegen, bezahlen ohne PIN – ist das nicht sehr unsicher?

Störte: Im Prinzip nicht. Denn diese Kommunikationsschnittstelle ist beim Smartphone standardmäßig deaktiviert. Man kann also nur bezahlen, wenn man das Handy aktiviert und die Transaktion mittels Fingerabdruck oder Gesichtserkennung autorisiert. Bei der EC-Karte ist NFC dauerhaft aktiviert, der Nutzer kann die Funktion allerdings sperren lassen. Gerät die Karte in falsche Hände, könnte man theoretisch mehrfach Kleinstbeträge bis 25 Euro damit bezahlen.

Rupprecht: Gerade das sehe ich problematisch. Außerdem geht es raus aus der Anonymität, und eben die ist den Deutschen beim Bezahlen so wichtig. Zudem wird das Smartphone noch wichtiger: Es ist jetzt nicht nur Kommunikationsmittel und Träger persönlicher Informationen, sondern auch noch Zahlungsmittel. Was mache ich, wenn ich es unterwegs verliere? Wir sprechen da von einem sogenannten Klumpenrisiko, also mehrere Risiken geballt auf engstem Raum.

 

Wie verändern Google Pay und Apple Pay unser Zahlungsverhalten?

Rupprecht: Bargeld hat einen disziplinierenden Effekt: Wer mit Bargeld einkauft, kauft zurückhaltender, nicht so häufig „über den Durst“ wie Käufer, die auf EC-Karte oder Kreditkarte setzen oder eben kontaktlos wie mit Google Pay oder Apple Pay bezahlen.

Störte: Ich sehe es eher so: Wir zahlen schon oft online mit PayPal oder Kreditkarte – ein Klick, und die Zahlung ist veranlasst. Warum sollten wir nicht auch offline schneller und komfortabler zahlen?

 

Ob sich Dienste wie Google Pay und Apple Pay durchsetzen, bleibt abzuwarten. Wagen Sie eine Prognose?

Rupprecht: Es gibt Umfragen in Deutschland, die besagen, dass rund 90 Prozent der Menschen auf Dauer das Bargeld behalten und damit weiterhin bezahlen wollen. Das kontaktlose Bezahlen ist eher für kleinere Beträge gedacht, aber gerade die zahlt man hier quasi ausschließlich mit Bargeld. Deshalb bin ich skeptisch, dass die Menschen hierzulande schon bald flächendeckend primär kontaktlos bezahlen, auch wenn es für den ein oder anderen gewiss eine willkommene Ergänzung zum traditionellen Zahlungsmedium Bargeld ist.

Störte: Ich hoffe und vermute, dass sich Dienste wie Google Pay und Apple Pay langfristig durchsetzen. Denn das hätte aus meiner Sicht viele Vorteile: Der Handyzahlvorgang dauert nur wenige Sekunden, lästiges Warten an der Kasse entfällt deshalb. Selbst Kleinstbeträge könnte man so bezahlen, mit Karte ist das oftmals erst ab zehn Euro möglich. Man hätte nicht ständig viel Kleingeld im Portemonnaie, und dank Online-Banking behält man die Kostenkontrolle. Außerdem hoffe ich auf mehr Akzeptanz im Einzelhandel. Denn gerade Bäckereien, Kioske und Imbisse verfügen unter Umständen gar nicht über Geräte, um elektronische Zahlungen zu ermöglichen. Ich würde mir wünschen, dass sich das ändert und die Menschen Dienste wie Google Pay und Apple Pay annehmen.

 

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