Freibad-Saison startet: Warum Chlor ein Muss im Badebecken ist

Es riecht nach Sonnenöl, Pommes und Chlor – die Freibad-Saison ist eröffnet. Wie wirkt Chlor eigentlich im Badewasser? Und sorgt es für die roten Augen beim Schwimmen?

Das erklärt Prof. Dr. Thomas Schupp, Toxikologe an unserem Fachbereich Chemieingenieurwesen.

 

Herr Prof. Schupp, mit Chlor an sich ist ja nicht zu spaßen. Warum wird Chlor im Freibad überhaupt eingesetzt?

Es stimmt, dass Chlor eine aggressive Chemikalie ist. Aber im Freibad brauchen wir ein Mittel, um das Badewasser zu desinfizieren, und da ist Chlor gut für geeignet: Es tötet Krankheitserreger ab und schränkt beliebige Bakterien, Viren und Pilze ein. Es greift deren Zellwände an und zerstört sie teilweise, und dringt in die Zellen ein und schädigt Moleküle, die für diese Einzeller wichtig sind. Höhere, mehrzellige Organismen – und damit eben auch der Mensch – kommen mit dieser Reaktivität des Chlors weitaus besser zurecht; so schützt uns unsere Haut, vor allem mit eh schon abgestorbenen Hautzellen, der Hornhaut. Chlor ist also ein guter Kompromiss: Es greift unerwünschte Erreger an, aber wir können trotzdem in dem Desinfektionsmittel herumschwimmen.

 

Wie wird Chlor zum Desinfizieren im Freibad eingesetzt?

Chlor wird in Form von Chlorgas direkt über die Düsen zusammen mit frischem Wasser, in dem es sich dann löst, ins Becken gespült. Die Handhabung ist etwas lästig, eben weil Chlor ein Gas ist, aber dafür wirkt es sehr gut und ist preiswert. Chlorgas bringt gewisse Risiken mit sich – es wurde ja zum Beispiel im ersten Weltkrieg als Kampfgas eingesetzt, mit verheerenden Folgen. Die Gasflaschen stehen im Bäderbetrieb deshalb immer in speziellen, abgesicherten Chlorräumen, und die Fachkräfte für Bäderbetriebe überwachen dass Aktiv-Chlor im Wasser, maschinell und persönlich, sie nehmen regelmäßig Proben und dokumentieren diese. Sollte trotz allem irgendwann Chlor unkontrolliert austreten, gibt es den Chloralarm – im Hallenbad sorgt dann eine spezielle Belüftung dafür, dass das Gas nach draußen in die Luft abgeleitet wird.

 

Und die roten, juckenden Augen beim Schwimmen, kommen die auch vom Chlor?

Nicht direkt vom Chlor – unser Körper reagiert da viel mehr auf ein Folgeprodukt, das sich mit dem Chlor gebildet hat. Wir tragen ja viel mit ins Freibadwasser: Moleküle vom Mutterboden an unseren Füßen, Eiweiße, die auf unserer Haut liegen, weil sie permanent transpiriert, und im Sommer zusätzlich natürlich Sonnencreme. Da hilft nur die Baderegel, die man eh beachten sollte: Bevor man ins Becken steigt, abduschen! So lösen sich viele Moleküle ab, und je weniger von ihnen im Badewasser mit Chlor in Berührung kommen, desto weniger Folgeprodukte bilden sich. Das schränkt die roten Augen und zum Beispiel auch starke, unangenehme Gerüche ein.

 

Gibt es noch Alternativen zu Chlor im Freibad?

Ja, eine Handvoll, aber in puncto Wirkung, Kosten und Klarheit des Badewassers ist das Chlor nicht einfach zu verdrängen. Eine schon ältere, kürzlich aber wiederbelebte Idee ist zum Beispiel das Ozon-Bromat-Verfahren. Das untersuchen wir gerade in der Beratungskommission der Gesellschaft für Toxikologie, in der ich Mitglied bin. Genauer gesagt überprüfen wir, wieviel Bromat und Folgeprodukte von Ozon und Bromat im Badewasser gebildet werden. Diese Folgeprodukte halten wir dann mit denen des Chlorverfahrens gegeneinander und überlegen, welche Auswirkungen sie auf uns Menschen haben. Aber dazu können wir allerfrühestens Ende des Jahres erste Ergebnisse liefern, da die offenbar umfangreichen Daten in vielen verschiedenen Fachartikeln verstreut sind.  

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