Kein „Null-Semester“, dafür Online-Lehre: Präsidentin Prof. Dr. Ute von Lojewski bezieht Stellung

Wegen des Coronavirus herrscht Ausnahmezustand, auch an unserer Hochschule. Studierende, Lehrende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fragen sich, wie es nach Corona weitergeht. Jetzt hat das Ministerium verkündet: Ein „Null-Semester“ wird es nicht geben. Die Präsidentin unserer Hochschule, Prof. Dr. Ute von Lojewski, bezieht Stellung.  

Prof. von Lojewski, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW hat heute verkündet, dass es kein „Null-Semester“ geben wird. Es schließt sich damit den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) und dem Hochschulverbund UAS7 an, die für ein flexibles Semester plädieren. Wie ist Ihre Haltung dazu?

In dieser Angelegenheit bin ich ganz klar einer Meinung mit der Gruppe der HAWs/Fachhochschulen in der Hochschulrektorenkonferenz und mit dem Hochschulverbund UAS7, in dem wir Mitglied sind: Das Sommersemester 2020 muss ein Semester sein, bei dem die Studierenden vor allem durch den kreativen Einsatz von Online-Lehre weiterhin die notwendigen Leistungsnachweise erbringen können. Dieses Semester darf aber nicht bei der Regelstudienzeit zählen oder zu Nachteilen beim BAföG führen. Ein „Null-Semester“ hätte erhebliche Abstimmungsprobleme zur Folge und wäre für die Studierenden mit gravierenden Einschränkungen und Nachteilen verbunden. Die Studienzeit würde sich verlängern, denn die Praxiselemente erfordern eine enge zeitliche und auch inhaltliche Abstimmung mit Partnern aus der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen. Wir brauchen kein „Null-Semester“, sondern ein flexibles Studiensemester mit großzügigen Gestaltungsspielräumen durch die Länder!

 

Wie könnte das aussehen?

Momentan legen wir ganz stark den Fokus auf Creative-Distance-Learning-Formate. Das bringt natürlich Herausforderungen mit sich, denn plötzlich ersetzt die Online-Lehre nahezu vollständig die Präsenz. Aber trotz aller Anstrengungen werden wir es nicht schaffen, ein komplettes Semester abzubilden. Das gelingt vor allem deshalb nicht, weil manches eben nur in Präsenz stattfinden kann. Ich denke da vor allem an die Praktika und an die Klausuren. Wir als Hochschule brauchen Freiheiten, um zum Beispiel Klausuren und Praktika in die vorlesungsfreie Zeit schieben zu dürfen. Genau das ist mit einem flexiblen Studiensemester gemeint.   

 

In den meisten HAWs in NRW läuft die Online-Lehre schon, weil das Semester bereits begonnen hat.

Richtig, auch an der FH Münster ist das der Fall. Unsere Fachbereiche haben bereits im März mit Hochdruck Creative-Distance-Learning-Formate entwickelt und auf den Internetseiten kommuniziert. Wir sind also schon mittendrin im „Online-Semester“, wie es das Ministerium jetzt landes- und hochschulweit kommuniziert. Damit ist gewährleistet, dass das Sommersemester – wenn auch nicht als vollwertiges, so aber als flexibles Semester – stattfinden kann. Unser primäres Ziel ist es, so weit wie möglich zu verhindern, dass die Coronakrise negative Folgen für das Studium hat.

 

Liest man überregionale Medien, gewinnt man den Druck, dass sich die Hochschulen in dieser Angelegenheit uneinig sind.

Aus meiner Sicht druckt die überregionale Presse nicht abgestimmte Meinungen einzelner Professorinnen und Professoren. Diese spiegeln aber nicht das Bild der gesamten Hochschullandschaft wider. Die oben schon erwähnte abgestimmte Pressemeldung der HAW-Ländersprecher oder des UAS7-Verbunds, die nicht nur eine größere Gruppe von Hochschulen repräsentieren, sondern auch auf unsere besondere Situation der HAWs/FHS eingeht, habe ich indes noch in keiner überregionalen Zeitung gefunden.

 

Viele Fragen zur Umsetzung des flexiblen Sommersemesters bleiben aber noch offen.

Tatsächlich bemühen sich Hochschulen und Politik um Klärung aller Fragen zur Regelstudienzeit- und BAföG-Verlängerung, zu Prüfungen, Praxisphasen und zum Studienbetrieb. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat einige grundlegende Entscheidungen über alle Bundesländer hinweg bereits getroffen. Allen Hochschulen, egal ob HAW oder Universität, sollte es jetzt vor allem um die Studierenden gehen. Ihnen zu ermöglichen, trotz Corona bestmöglich durch das Studium zu kommen, muss überall vorrangiges Ziel sein.

 

Schon jetzt sind die Prüfungsausschüsse der FH Münster aufgerufen, großzügige Regelungen zu Gunsten der Studierenden zu treffen.

Ja, das betrifft vor allem Praktika, Abgabefristen und Ähnliches. Es geht aber auch um den ungehinderten Studienfortschritt und die Anerkennung von Online-Prüfungen. Unsere Prüfungsordnungen sind auf eine Krisensituation, wie wir sie derzeit haben, nicht ausgelegt. Daher versuchen wir zentral, zum Beispiel mit unserem Unterkrisenstab Studium und Lehre, viele Fragen aufzunehmen und Lösungen zu schaffen; dies wird sich in den nächsten Wochen sicherlich noch deutlich verstärken. Ich bitte deshalb alle Hochschulmitglieder, sich regelmäßig auf unseren Internetseiten über neue Entwicklungen und Entscheidungen zu informieren.

 

Wenn es irgendwo noch hakt, woran liegt das?

Dann liegt es am Zeitdruck, der sicherlich enorm ist. Alle Fachbereiche sind aktuell dabei, dem Wunsch nach alternativer, aber trotzdem qualitativ hochwertiger Lehre nachzukommen. Dabei ist uns allen völlig bewusst, dass es durch die Coronavirus-Pandemie derzeit keinen regulären akademischen Lehrbetrieb geben kann. Die momentanen Herausforderungen schaffen für alle Akteure im Wissenschaftsbetrieb Bedingungen, die man so noch nie zuvor erlebt hat. In dieser Situation arbeiten alle, von der Verwaltung bis zu den Lehrenden, intensiv an kreativen Formen der dezentralen Kommunikation. Außerdem sorgen wir für technische und didaktische Unterstützungen: Unsere Datenverarbeitungszentrale stellt viele digitale Instrumente bereit, die allesamt unter Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten freigegeben und damit zur Nutzung autorisiert wurden. Auf didaktischer Ebene helfen Hochschulbibliothek und unser Wandelwerk – Zentrum für Qualitätsentwicklung.

 

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