Weniger Tiere – weniger Nitrat? Toxikologe zur Trinkwasserbelastung

Die Nitratwerte im deutschen Grundwasser sind zu hoch – das ist klar. Aber ist allein die Massentierhaltung Schuld? Prof. Dr. Thomas Schupp vom Fachbereich Chemieingenieurwesen weist auf weitere Faktoren hin.

Herr Prof. Schupp, in der Diskussion um die hohe Nitratbelastung im Trinkwasser fordert die SPD aktuell, dass Landwirte ihre Tierbestände reduzieren. Was ist da dran?

Die Forderung geht in die richtige Richtung, aber einige wichtige Punkte sind zu beachten. Es bringt eigentlich nur etwas, wenn Landwirte ihre Gesamtanzahl der Tiere pro Fläche wirklich reduzieren, und sie nicht einfach anders verteilen. Oder Gülle gar extern einkaufen, um die Felder weiter zu düngen. Wichtig ist, den Eintrag von Stickstoff pro Fläche zu reduzieren. Außer der Düngung gibt es aber noch andere Faktoren, die die Nitratbelastung beeinflussen.
 

Welche sind das?

Wir pusten auch mit unseren Autos und Industriefabriken Stickoxide in die Luft. Der Regen wäscht sie aus und letztlich versickern sie als Nitrat im Boden. Außerdem entsteht Nitrat aus Stickstoffverbindungen, wenn biologisches Material verrottet – ein ganz natürlicher Prozess. Gleiches passiert bei Exkrementen wie Gülle, denn diese enthält Stickstoffverbindungen, die Bakterien abbauen und zu Nitrat verarbeiten. Generell ist Nitrat wichtig für unsere Umwelt, weil Pflanzen es zum Wachsen brauchen. Aber eben nur einen gewissen Teil. Eine zu hohe Konzentration im Boden führt zur Auswaschung, zum Beispiel ins Grundwasser, und das ist ein Problem. Warum, erkläre ich bei den Steinfurter Campus-Dialogen.

 

Die NRW-Agrarministerin entgegnete der SPD, Landwirte könnten den Stickstoffgehalt der Gülle vor dem Ausbringen überprüfen. Ist das eine Idee, um den Stickstoff im Auge zu behalten, der zu Nitrat wird?

Ich weiß nicht, wie die Landwirte das konkret anstellen sollen. Um den Gehalt an biologisch verfügbarem Stickstoff in der Gülle zu messen, bräuchte man schon ein kleines Labor. Was das eigentliche Problem ist: Der Nitratgehalt entwickelt sich erst auf dem Acker. Und die Böden können lokal verschieden sein, Dünger und Boden können sehr unterschiedlich aufeinander reagieren.

 

Wie sieht die Situation im Kreis Steinfurt und in der Umgebung aus?

Im Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) von 2015 ist dargestellt, dass es in den Landkreisen Borken, Vechta und Cloppenburg einen reichlichen Stickstoffüberfluss pro Fläche gibt. Daraus resultieren hohe Nitratwerte im Sickerwasser, besonders im Kreis Vechta, gefolgt von den Kreisen Borken, Steinfurt und Coesfeld. In Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit gelangt dieses Nitrat schließlich bis in das Grundwasser und überschreitet den für Trinkwasser gültigen Grenzwert. Hier sind Teile des Kreises Borken, fleckenweise der Kreis Steinfurt und große Flächen von Niedersachsen besonders betroffen.

 

Warum Nitrat im Wasser ein Problem ist, welche toxikologischen Eigenschaften es hat, was es mit den Grenzwerten auf sich hat und wie der Stickstoffkreislauf der Natur aussieht, das erklärt Prof. Dr. Thomas Schupp am Donnerstag (19. April) bei den Steinfurter Campus-Dialogen: „Nitrat im Wasser – wie viel darf es sein?“ Los geht es um 19 Uhr im Hörsaal L5 auf unserem Steinfurter Campus. 

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