Ein besonderer Auftrag: die akustische Vermessung der Konzertgalerie

Egal ob Elbphilharmonie oder Semper Oper: Um Besucherinnen und Besuchern ein einzigartiges Hörerlebnis zu garantieren, wird die Raumakustik von Konzertsälen vermessen. Das passierte jetzt auch mit der Konzertgalerie im Steinfurter Bagno.

Sie ist der älteste freistehende Konzertsaal in Europa und wurde wahrscheinlich um 1780 gebaut. „Aber akustische Messungen wurden meines Wissens dort noch nie gemacht“, sagt Prof. Dr. Dieter Scholz von unserem Fachbereich Maschinenbau. Dabei ist der Bau höchst interessant, weil er so lang und schmal ist, dass er von modernen Konzertsälen deutlich abweicht – die Form nennt sich in der Akustik auch „Schuhkarton“.

Akustische Daten sind wichtig, damit die Ingenieure und Architekten Akustik und Gebäude Hand in Hand konstruieren können. „Heutzutage lassen sich viele akustische Eigenschaften systematisch erzeugen und beeinflussen durch vorherige Berechnungen“, erklärt Scholz. „Früher war das anders, da wurde gebaut und danach geschaut, wie die Akustik ist. Also mit einem ziemlich hohen Zufallsfaktor.“

Sehr viele Dinge im Raum beeinflussen zum Beispiel den Nachhall: Die Art der Stühle, wie sie im Konzertsaal aufgereiht sind, Schnörkel, Stuck und Skulpturen, Fenster im Saal, die Bühne. Das Ingenieurbüro Kötter aus Rheine, das übrigens von einem ehemaligen Maschinenbau-Absolventen unserer Hochschule gegründet wurde und bei dem Studierende auch Abschlussarbeiten schreiben können, hat die Messungen jetzt durchgeführt. Geschäftsführer Dr. Johann Lenz, Sven Rechenberger und unser Maschinenbau-Student Andrej Reimer als Hilfskraft haben im Saal mehrere Mikrophone verteilt, die zum Beispiel den Schall messen. Ein Lautsprecher auf der Bühne sendet Testsignale in alle Richtungen des Saals und in allen Frequenzen aus. Auch überprüft das Team die Auswirkungen verschiedener Impulse, zum Beispiel beim Klatschen oder beim Zerstampfen einer aufgeblasenen Papiertüte.

Am Vormittag haben die Experten den Konzertsaal mit Stühlen akustisch vermessen, am Nachmittag ohne. Auch das ist eine Besonderheit an der Konzertgalerie, in vielen Sälen lässt sich die Bestuhlung nicht entfernen. Ebenfalls unüblich sind akustische Messungen während eines Konzerts, weil man die Besucherinnen und Besucher nicht während der Musik mit Testsignalen beschallen will – dabei beeinflussen die Menschen im Saal die Werte stark. „Wir wollen die Messungen aber bei einem Festakt durchführen, wenn wir feiern, dass der Münsterländer Bezirksverein des VDI 70 wird“, sagt Scholz, der dort stellvertretender Vorsitzender ist. Seltene Daten also, die die Ingenieure für die Berechnungen berücksichtigen können. Das Fest soll am 16. November steigen. Bis dann aber alle Daten ausgewertet sind und sich ein Fazit zur Akustik in der Konzertgalerie ziehen lässt, wird es wohl noch bis zum Frühjahr 2019 dauern.

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