Kleidung statt Sonnencreme: Wie gut sie vor UV-Strahlung schützt

Lange Ärmel schützen im Hochsommer besser als eingeschmierte Arme – das sagen Prof. Dr. Hans-Christoph Mertins, Dekan an unserem Fachbereich Physikalische Technik, und Assoc. Prof. Dr. Heiko Timmers. Der gebürtige Steinfurter lehrt aktuell an der Universität von New South Wales in Canberra. Zwei Materialphysiker über das komplexe Sonnenschutzproblem, das sich nicht vollständig lösen lässt.

Vor starken Sonnenstrahlen müssen wir uns im Sommer schützen – das weiß jeder und greift zu Sonnencreme und Sonnenhut. Aber wovor schirmen wir uns da konkret ab?

Prof. Mertins: Die UV-Strahlen im Sonnenlicht, die sind gefährlich. Es gibt sie in unterschiedlichen Wellenlängen – je kürzer die Wellenlänge, desto mehr Energie haben sie und desto gefährlicher sind sie auch. Die gefährlichste UV-C-Strahlung bleibt glücklicherweise zum Großteil in der Atmosphäre hängen. Aber vor UV-A- und UV-B-Strahlung müssen wir uns schützen, denn sie dringen unterschiedlich tief in unsere Hautzellen vor und können durch Zell-Mutationen Krebs erregen.

 

Wie kann man sich denn am besten vor der UV-Strahlung schützen?

Prof. Timmers: Zunächst einmal muss man wissen: Absoluter Schutz ist kaum möglich. Eine einzige UV-Einstrahlung kann schon Krebs auslösen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber äußerst gering. Wir in Australien haben eine sehr hohe Sonneneinstrahlung, Kinder dürfen deshalb zum Beispiel im Sommer nur mit Hut und Nackenschutz auf den Schulhof. Daran sieht man schon: Am besten funktioniert Sonnenschutz mit Kleidung.

Prof. Mertins: Viele Leute glauben, dass Sonnencreme einen einhundertprozentigen Schutz bietet, aber das ist nicht richtig. Sie verlängert nur die Zeit, die man normalerweise in der Sonne verbringen würde, bis man einen Sonnenbrand bekommt. Und sie kann abgerieben werden. Kleidung hingegen bietet fortwährenden Schutz.

 

Welche Kleidung empfehlen Sie?

Prof. Mertins: Kleidung besteht ja aus Gewebe, und die Gewebearten unterscheiden sich immens. Zu empfehlen bei direkter Sonne sind dicht gewebte Textilien wie Baumwolle oder Kunststoffe – dünne Seide zum Beispiel wäre dagegen eher schlecht, grobmaschiges Leinen ist auch nicht von Vorteil.

Prof. Timmers: Außerdem gibt es sogenannte UV-Kleidung, deren Idee in Australien entwickelt worden ist. Die ist aber auch hierzulande angebracht, wenn man einen ganzen Tag am Strand verbringen will oder eine Wandertour in den Bergen macht.

 

Was ist UV-Kleidung genau? Wie unterscheidet sie sich von unserer normalen Kleidung?

Prof. Timmers: Eigentlich schützt jedes Kleidungsstück mit einem bestimmten Faktor, genau wie die Sonnencreme. Dieser UPF-Faktor hängt von der Dichte des Gewebes ab. Ist das Gewebe so beschaffen, dass die Hälfte der UV-Strahlung auf der Haut landet, hat das Kleidungsstück den Faktor 2. UV-Kleidung ist Kleidung mit einem UPF-Faktor von 50 und mehr – von der Strahlung geht also nur maximal ein Fünfzigstel durch den Stoff. Dabei ist die Rede von neuer Kleidung. Manche Kleidungsstücke werden vor der UPF-Bewertung einem Härtetest unterzogen, dem Standard 801. Denn das Gewebe dehnt sich durchs Tragen und Waschen, und so absorbiert das benutzte oder nasse Material weniger UV-Strahlung. Das simuliert der Test und verleiht ein Label, wenn das Kleidungsstück trotzdem weiterhin mit Faktor 50 schützt.

Prof. Mertins: Aber es ist schon wichtig, dass man da einen Kompromiss findet. Denn mit zu viel Kleidung schwitzt man mehr, und einen Hitzeschock will man ja auch nicht bekommen. Wer also im Sommer entlang schattenreicher Alleen radelt, braucht nicht unbedingt UV-Kleidung. Aber Hut und Sonnenbrille. Und gut zu wissen: Dunkle Kleidungsstücke absorbieren mehr UV-Strahlung als helle!

 

Hat UV-Strahlung denn auch Vorteile?

Prof. Mertins: Ja, mit einer gesunden Dosis regen wir so unseren Vitamin-D-Haushalt an. Die Dosis bestimmt sich aus der Intensität der Sonnenstrahlen und der Zeitdauer. Wer sich also länger draußen aufhält, sollte Schatten suchen und so die Dosis vermindern.

Prof. Timmers: Außerdem ist UV-Strahlung in der Forschung ein Segen. Gerade in der Materialphysik lässt sich damit viel machen. UV-Licht kann beispielsweise Oberflächen sterilisieren. Oder sie kommt in der Spektroskopie zum Einsatz: Da analysieren wir Materialien mit Licht, genauer gesagt die Wechselwirkung von Licht und Materie, ohne das Material zu zerstören. Das ist in unserem aktuellen Forschungsbereich der Nano-Physik besonders wichtig, wo es um einzelne Atomlagen geht.

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