Analytik-Experte: PET-Flasche ist umweltfreundlicher als viele meinen

Lässt man seine PET-Wasserflasche länger in der Sonne liegen, schmeckt das Wasser irgendwie nach Plastik. Warum? Besteht Gefahr für die Gesundheit? Prof. Dr. Martin Kreyenschmidt, unser Analytik-Experte vom Fachbereich Chemieingenieurwesen, hat Antworten – und räumt mit dem schlechten Ruf der PET-Flasche auf.

Herr Prof. Kreyenschmidt, woher kommt dieser merkwürdige Plastikgeschmack im Wasser, wenn man es länger stehen lässt oder die Flasche heiß wird?

Ich würde nicht von Plastikgeschmack, sondern von einer Geschmacksänderung sprechen. Dafür verantwortlich ist vor allem ein Stoff, den Chemiker als Ethanal oder auch Acetaldehyd bezeichnen. Er entsteht in geringen Mengen zum Beispiel bei einer technisch nicht optimalen Herstellung – oder eben, wenn der PET-Kunststoff bei höheren Temperaturen und Licht altert. Je wärmer es ist, desto schneller kann die Substanz in das Wasser übergehen. Der Mensch riecht und schmeckt diese Verbindung schon bei einem Hundertstel der Konzentration, die in ein Lebensmittel übergehen darf und als kritisch eingestuft wird.

 

Also kann man das Wasser nicht mehr bedenkenlos trinken?

Keine Sorge, gesundheitlich besteht kein Risiko für den Verbraucher. Acetaldehyd ist ein natürlicher Bestandteil von vielen Früchten und Käsesorten und kommt dort häufig in weitaus höheren Konzentrationen vor. Aber die sensorische Beeinträchtigung durch Acetaldehyd ist ein Qualitätsmangel. Zwischenzeitlich haben Hersteller deshalb sogenannte Blocker entwickelt, die Acetaldehyd abfangen und am Übergang in das Wasser hindern.

 

Aber was ist denn an den Gerüchten dran, dass Weichmacher oder Hormone in der Flasche seien und in das Wasser übergehen?

Leider ist diese latente Angst noch immer da. Also Fakt ist: In PET-Flaschen werden keinerlei Weichmacher und auch kein Bisphenol A verarbeitet, und diese Substanzen entstehen auch nicht bei der Alterung. Schon rein technisch macht es gar keinen Sinn, Weichmacher einzusetzen, denn die Flaschen würden ihre Stabilität verlieren.

 

Wo kommt dieses Halbwissen denn dann her?

Ich sehe vor allem zwei Gründe: Der erste basiert auf einer Studie von Ölmann und Wagner aus dem Jahre 2009. Sie wollten die östrogene Aktivität von Mineralwässern untersuchen und haben dafür 14 Marken sowohl in Glas- als auch PET-Flaschen verglichen. Die hormonelle Wirkung  war bei den gleichen Mineralwässern in Glas- und PET-Flaschen identisch, zwischen den unterschiedlichen Mineralwässern gab es aber Abweichungen. So kam es zu dem vorschnellen Fazit, es seien hormonähnlich wirkende Chemikalien in den Mineralwässern vorhanden, die aus dem PET kommen müssten. Aber: Diese hormonelle Aktivität war ungefähr 10.000 Mal geringer als die in natürlichen Lebensmitteln wie Milch oder Bier. Und die Ergebnisse der Studie konnten von anderen Wissenschaftlern nicht wiederholt werden – viele Forscher zweifeln sie deshalb an. Der zweite Grund resultiert vermutlich aus einer Namensähnlichkeit: In der Vergangenheit wurden in Kunststoffen sogenannte Phthalate als Weichmacher eingesetzt. Einige Substanzen dieser Verbindungsklasse zeigen eine hormonähnliche Wirkung. Die Abkürzung PET steht für Polyethylenterephthalat – für den Laien hört sich das erst mal verdächtig ähnlich an. Das verleitet zu Analogien, vor allem, weil die öffentliche Diskussion um die kritischen Phthalate, die häufig auch in Kinderspielzeugen zur Anwendung kamen, sehr intensiv geführt wurde.

 

Warum haben wir eigentlich noch Alternativen wie Glasflaschen, wenn man der PET-Flasche bedenkenlos vertrauen kann?

Glasflaschen haben den Vorteil, dass sie weniger gasdurchlässig sind und Kohlensäure  besser zurückgehalten wird. Auch existieren sehr gut etablierte Verfahren der Reinigung und direkten Wiederbefüllung sowie des großtechnischen Recyclings von Glas, sodass aus ökologischer Sicht die Glasflasche durchaus Vorteile aufweisen kann.

 

Und PET – kann es als Plastik überhaupt umweltfreundlich sein?

Die PET-Flasche ist umweltfreundlicher als ihr Ruf. PET ist der einzige großtechnische Kunststoff, der stofflich sinnvoll recycelt wird. Zu etwa 25 bis 30 Prozent entstehen daraus neue Flaschen, aus dem Rest werden zum Beispiel Textilfasern oder Folien gefertigt. Und im Gegensatz zu Naturprodukten sind die Einsatzstoffe von PET in der Polymerherstellung genau definiert. Auch die bei der Verarbeitung oder Alterung entstehenden Produkte lassen sich analytisch sehr gut nachweisen und charakterisieren.

 

Ist es denn bedenklich, seine PET-Flaschen wieder zu befüllen?

Aus chemischer Sicht erst mal nicht. Jeder Neubefüllung sollte aber eine desinfizierende Reinigung vorausgehen, ansonsten riskiert man, nicht durch die Chemie, sondern durch die Biologie krank zu werden: Denn man weiß nicht, welche Keime man im lauwarmen Wasser heranzüchtet, ganz egal, welche Flasche verwendet wird. Um sicher zu sein, dass sich keine kritischen Keime entwickeln, sollte diese vor der Neubefüllung mit kochendem Wasser desinfiziert werden.

 

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