Standardwerk über Jobcoaches erschienen

Publikation nimmt besondere Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in den Fokus


Münster (26. Februar 2019). Über sieben Millionen Menschen in Deutschland gelten als schwerbehindert, rund 17 Millionen im Alter von über 18 Jahren leben mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Erwerbsquote liegt bei 58 Prozent. Laut „Europa 2020“, der Strategie der Europäischen Union für Wachstum und Beschäftigung, sollen demnächst aber 75 Prozent der 20- bis 64-Jährigen erwerbstätig sein. Doch gerade Menschen mit Behinderung finden oft keine Stelle, weil ihnen eine „Standardarbeitsumgebung“ nicht gerecht wird. Hier können „Jobcoaches“ unterstützen, die jenseits technischer Hilfen alle Beteiligten unterstützen.

Gelingen soll dies auch dank eines Erasmus+-Projekts, in dem Vertreter mehrerer europäischer Länder von 2015 bis 2018 zusammengearbeitet hatten. Die Projektpartner haben ihre Erfahrungen in dem Buch „Job Coaches for adults with disabilities“ zusammengetragen. Mitautoren des Gemeinschaftswerks sind Prof. Dr. Hanns Rüdiger Röttgers, der auch als Mitherausgeber fungierte, und Caterina Metje vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster.

„Ein Hauptproblem für Menschen mit unterschiedlichen Handicaps ist es, erfolgreich ins erste Erwerbsleben einzusteigen und ihre Potenziale nutzen zu können“, erklärt Metje, wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Projekt. „Wie mit Jobcoaching dieses Problem zu lösen ist, haben wir in dem ersten europäischen Standardwerk zu diesem Thema zusammengefasst.“ So könnten persönliche Assistenten die Arbeitgeber und Kollegen beraten und als Moderatoren in Problemsituationen agieren sowie effektiv daran mitwirken, Arbeitsplätze behindertengerecht zu gestalten. Davon seien alle Projektbeteiligten überzeugt.

Röttgers und Metje haben in der Publikation vor allem die Perspektive der Adressaten in den Blick genommen: „Die Aufgaben für den Mitarbeiter mit Behinderung dürfen nicht zu schwer und nicht zu leicht sein“, so Metje. Es habe sich bewährt, mit leichten Tätigkeiten zu beginnen und den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben langsam und kontinuierlich zu steigern. „Das klingt so simpel, wird aber leider oft nicht beachtet.“

Außerdem haben die FH-Wissenschaftler im Projekt problemspezifische Strategien bei Menschen mit psychischen Erkrankungen bearbeitet. Röttgers: „Für jeden Menschen sind individuelle Hilfen und Vorgehensweisen erforderlich. So, wie ein Mensch mit einer Querschnittslähmung einen Rollstuhl und ein blinder Mensch eine technische Sehhilfe braucht, sind die Notwendigkeiten auch im weiten Spektrum der neurologischen und psychischen Handicaps unterschiedlich. Einer Person mit Schizophrenie wird man unregelmäßige Nachtschichten ersparen, ein Mitarbeiter mit einer Epilepsie sollte nicht in Risikosituationen gebracht werden.“ Das könne aus Sicht der Kollegen manchmal als ein Privileg missverstanden werden – hier sei der Jobcoach als kompetenter Aufklärer und Vermittler gefragt.

Job Coaches for Adults with Disabilities: A Practical Guide, Jessica Kingsley Verlag, London, ISBN-10: 1785925466.


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