Interaktion für den Behandlungserfolg

Erfahrungsaustausch von Fachkräften aus der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie bei After-Work-Lecture an der FH Münster


Münster (8. Mai 2019). Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden arbeiten in engem Kontakt mit ihren Patienten zusammen, oft über einen langen Zeitraum. Dass die persönliche Beziehung und die Art der Kommunikation und Interaktion von zentraler Bedeutung für den Behandlungsverlauf sind, das wissen sowohl Patienten als auch Therapeuten. Trotzdem nimmt dieses Thema in Forschung und Lehre nur wenig Raum ein. Die Chance dazu bot nun die zweite Veranstaltung in der Reihe After-Work-Lecture Therapie am Fachbereich Gesundheit der FH Münster. Unter dem Motto „Interaktion als Intervention“ standen an diesem Abend drei Vorträge über aktuelle Forschungserkenntnisse und Transfermöglichkeiten in die Praxis sowie ein Erfahrungsaustausch unter den Praktikern beim sogenannten Weltcafé.

Die weiteste Anreise hatte Dr. Maxi Miciak von der University of Alberta im kanadischen Edmonton. Die Physiotherapeutin war der Einladung der Gastgeber gefolgt, um sich über die Entwicklungen der Therapieberufe in Deutschland zu informieren. „Die Gestaltung der Beziehung mit dem Patienten ist auch bei uns ein großes und herausforderndes Thema“, so die Kanadierin. Die persönliche Präsenz sei in der therapeutischen Beziehung wichtig, „allein schon um dem Patienten Sicherheit zu geben und ein Lernen im Rahmen der Therapie überhaupt zu ermöglichen“. Ihre Idee: Rituale entwickeln, die Therapeuten ein kurzes Innehalten zwischen zwei Therapieeinheiten ermöglichen, um sich vollständig auf den neuen Patienten einlassen zu können. Dies kann ein bewusstes Durchatmen und Anschauen sein.

Dr. Marion Grafe forscht an der FH Münster zur Interaktion und betonte ebenfalls deren hohen Stellenwert in der Therapie. Eine der wichtigsten Erkenntnisse zur therapeutischen Wirksamkeit von Interaktion sei, dass sich eine vom Patienten als positiv bewertete Beziehung zu seinem Therapeuten darauf auswirkt, wie zufrieden er mit der Behandlung ist und wie sich die Symptome verbessern. Sie sei sich aber bewusst, dass es schwierig ist, diese positiven Effekte von der spezifischen Wirksamkeit therapeutischer Methoden abzugrenzen.

Prof. Dr. Hilke Hansen von der Hochschule Osnabrück sprach darüber, wie sinnvoll es ist, „mit den Augen des Patienten“ zu sehen. Spezifische Fragetechniken lassen den Patienten zum Experten werden und ermöglichen es Therapeuten, die Situation des Patienten besser zu verstehen. Indem man einen Pflegeheimbewohner auffordert, von seinen Tagesabläufen im Pflegeheim zu berichten oder die Therapeutin zu Orten zu führen, die für ihn bedeutsam sind, eröffnen sich neue Perspektiven auf den Patienten, so Hansen.

Ihre Erfahrungen tauschten die Teilnehmenden mit den Referentinnen im Weltcafé aus. Dort ging es immer wieder, so berichtet Grafe, um den Zeitfaktor und darum, wie wichtig es gleichzeitig ist, dem Patienten bewusst zu machen, dass er mit seinen Bedürfnissen und Erwartungen im Mittelpunkt steht. „Das Thema fehlende Zeit haben wir auch kritisch reflektiert: Es darf kein ausschließliches Argument sein, auf das wir uns einfach zurückziehen können. Es ist vielmehr unsere Aufgabe als Therapeut zu überlegen, mit welcher Haltung und welchen Ideen wir die Beziehung gestalten. Dafür braucht es ein stärkeres Bekenntnis dazu, dass Interaktion einen zentralen Einfluss auf den Therapieerfolg hat.“ Einig waren sich alle, dass „die Verantwortung für ein Gelingen der Interaktion sowohl beim Patienten als auch beim Therapeuten liegt".

Die vorerst letzte Veranstaltung in der Reihe After-Work-Lecture Therapie findet am 4. Juli statt. Dann geht es um digitale Entwicklungen und mögliche Konsequenzen für die therapeutische Arbeit.


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