Bewegt arbeiten, um gesund zu bleiben

Fachtagung an der FH Münster diskutierte gesellschaftliche und technische Lösungsmöglichkeiten


Münster (11. November 2019). Meetings im Freien spazierengehend abhalten – das machen schon manche Teams. Um kreativen Gedanken freien Lauf zu lassen und sich selbst dabei zu bewegen. Doch zum beruflichen Alltag gehören diese Walking-Meetings nicht, üblicher ist es, den ganzen Tag am Schreibtisch zu arbeiten oder in Besprechungen zu sitzen. „Dass das nicht gesund ist, ist nichts Neues. Daher ist es interessant, sich einmal zu fragen, warum sich hier nur so schleppend Veränderungen einstellen und welche technischen Lösungen uns bewegen könnten, uns mehr zu bewegen“, sagt Prof. Dr. Anke Menzel-Begemann, Sprecherin des Instituts für Interdisziplinarität in Gesundheit – Technik – Arbeitsfähigkeit (IGTA) an der FH Münster, das gemeinsam mit dem Forschungsschwerpunkt „Teilhabe und Wohlbefinden in einer sich wandelnden Gesellschaft“ (TeWoGe) zur Fachtagung „bewegt arbeiten“ eingeladen hatte. Das Interesse war groß: Gekommen waren Vertreter von Krankenkassen und Unternehmen, Physiotherapeuten und weitere Netzwerk- und Kooperationspartner der Hochschule aus den Bereichen Bewegung, Technik, Gesundheit.

Technische Lösungen, um die Haltung am Arbeitsplatz zu verbessern, stellte Prof. Dr. Klaus Peikenkamp, Leiter des Forschungsbereichs Biomechanik am Fachbereich Physikingenieurwesen, in seinem Workshop vor. Das IGTA-Mitglied demonstrierte die Druckverteilung, die während des Sitzens auf Schreibtischstühlen wirkt. Ein gleichmäßig verteilter Druck bedeutet nicht unbedingt auch eine optimale Belastung – vielmehr muss die Belastung des Gesäßes und der teilweise auf der Sitzfläche aufliegenden Oberschenkel in einem adäquaten Verhältnis stehen. „Eine Fehlbelastung beim Sitzen liegt häufig zunächst im unterschwelligen und damit für den Menschen nicht wahrnehmbaren Bereich vor. Also kann die messtechnische Analyse hier wirksam unterstützen, indem sie die Vermeidung von Fehlbelastungen darstellt“, erklärte Peikenkamp.  

Fehltage aufgrund von Krankheiten des Bewegungsapparates stehen auf Platz eins, auf Platz zwei folgen bereits psychische Belastungen – die Arbeitsfähigkeit zu erhalten rückt also immer mehr in den Fokus. Den Workshop zum psychischen Wohlbefinden eröffnete Prof. Dr. Marcellus Bonato vom Fachbereich Gesundheit ganz im Sinne des Tagungsthemas mit einem Bewegungsspiel. Spaß an der Bewegung habe eine große Wirkung auf das Wohlbefinden, was noch deutlicher wurde bei der Life-Kinetik-Übung, die Körper und Gehirn gleichermaßen fordert. Solche Übungen seien leicht in den Alltag zu integrieren. Und manchmal reichen schon kleine Kniffe. „Wir haben bei uns statt einer Couch für den Pausenraum Regenschirme angeschafft, zum Stressabbauen an frischer Luft“, erzählte Workshopteilnehmer Herbert Hessel von der AOK.

Anhand des Belastungsbeanspruchungs-Modells erklärte Prof. Bonato: „Belastungen von außen beeinflussen den Menschen psychisch. Je nach individuellen Leistungsvoraussetzungen werden diese Belastungen als angemessene Herausforderungen gesehen, die beispielsweise zu Lernerfolgen oder erhöhter Selbstwirksamkeit führen – oder sie führen zu dem berüchtigten Stress.“ Dieser Stress lasse sich durchaus, manchmal sogar mit einfachen Schritten, zum Positiven wenden, etwa durch Erlernen von Achtsamkeit oder durch die Änderung äußerer Umstände am Arbeitsplatz. „Auch viele Apps können bei der Stressbewältigung unterstützen“, empfahl Anna Böhmer vom Gesundheitsnetzwerk Westmünsterland. „Die App ,Forest‘ zum Beispiel kann uns zu einem vernünftigen Handyverhalten motivieren.“

Welche hemmenden und fördernden Faktoren bei der Anwendung technischer Lösungen uns dann beflügeln oder doch ausbremsen, das brachten die Teilnehmer beim Workshop von Prof. Menzel-Begemann auf Papier. Das Fazit aus den Thementischen Motivation, Handhabung, Optik und Haptik: Technische Lösungen dürfen nicht den zeitlichen und räumlichen Rahmen sprengen, sie müssen sicher, leicht und schnell zu bedienen sein und einen Nutzen sowohl für die Gesundheit als auch den Arbeitsprozess liefern.

Um betriebliche Gesundheitsförderung zwischen Best Practice und Evidenz, nationale Empfehlungen für die Bewegungsförderung und technische Möglichkeiten zur Analyse, Bewertung und Förderung von Bewegung am Arbeitsplatz ging es in den drei Fachvorträgen, die neben den Workshops Bestandteil der Fachtagung waren.

Zum Thema: Die Fachtagung „bewegt arbeiten –  Lösungsansätze aus der Verbindung gesundheitlicher und technischer Kompetenzen“ stand im Kontext des hochschulweiten Projekts „münster.land.leben“. Das Projekt der FH Münster mit mehr als 75 Partnern aus Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft hat die Stärkung von Gesundheitsversorgung, Teilhabe und Wohlbefinden im ländlichen Raum zum Ziel. Ein wichtiger Aspekt ist die Gesundheitsprävention durch maßgeschneiderte Interventionen.


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