Der Ofen ist eine Black-Box

Lukas Weber und Prof. Dr. Hans-Arno Jantzen von der FH Münster perfektionieren die Trocknung von Gipsplatten


Münster/Steinfurt (17. Juni 2020). Eine riesige Industriehalle, ein Ofen von circa 150 Metern – so lang, wie der Kölner Dom hoch ist. Und darin: heiße Luft von allen Seiten, die auf die dort trocknenden Gipsplatten strömt. Prof. Dr. Hans-Arno Jantzen und sein Doktorand Lukas Weber von der FH Münster haben es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Prozess zu verkürzen, und sie überlegen, wie sich die Trocknung der Gipsplatten – die beispielsweise im Trockenbau genutzt werden – perfektionieren lässt.

Die Gipsplatten bestehen aus einem Gemisch von Gipspulver und Wasser. Man benötigt unglaublich viel Energie, um diese Platten zu trocken. „Dies hängt damit zusammen, dass die Verdampfung von Wasser energieintensiv ist und die Öfen überdimensioniert werden, damit wirklich alle Platten auch vollständig getrocknet werden“, erklärt Prof. Jantzen. Eine Maschine gießt den Gipsbrei in flüssiger Form zwischen zwei Kartonlagen, die Platte härtet durch eine chemische Reaktion in wenigen Minuten aus und wird währenddessen in acht bis zwölf Schichten übereinander durch einen Trockner gefahren – vorstellbar ähnlich wie im Backofen daheim. Der Ofen erwärmt die Platten von allen Seiten. Solange die Oberfläche der Platten mit Wasser benetzt ist, kann aggressiv mit viel Hitze getrocknet werden, weil das Wasser verdunstet und die Oberfläche deshalb nicht zu heiß wird. Anschließend muss vorsichtiger getrocknet werden, um dem Produkt nicht zu schaden. Eine weitere Maschine schneidet die Platten, die den Ofen durchlaufen haben, in standardisierte Größen.

Welche Bereiche im Trockner trocknen also gut und welche weniger gut? Lukas Weber möchte das mit einem Simulationsmodell herausfinden, das den Trocknungsfortschritt der Gipsplatten je nach Umgebungsbedingungen berechnen kann. Das Modell wird mit Laborversuchen und speziell für diesen Zweck entwickelten, temperaturfesten Sensoren validiert.

„Nicht nur der Ofen mit seiner komplexen Strömungsführung ist aktuell noch eine Black-Box, auch der Feuchtigkeitshaushalt der Platten spielt eine wesentliche Rolle. Beides muss eng aufeinander abgestimmt werden. So ist zum einen das Verständnis der lokalen Wärmeübergänge an die Platten, also die Strömungsführung im Trockner von Bedeutung. Zum anderen muss der für die Platte maximal erlaubte lokale Wärmeeintrag möglichst gut bekannt sein und dann auch im Ofen eingestellt werden.“ Ein Ideal wäre es, an jeder Stelle die für den jeweiligen Plattenzustand maximal erlaubte Wärmemenge zuzuführen. Das ist die Grundlage für die Optimierung: veränderbar sind die Lufttemperatur, -geschwindigkeit und -richtung. Lukas Weber konzipiert aktuell den Versuchsaufbau, mit dem der Trocknungsprozess genau betrachtet und die für die Platten jeweils optimal erlaubte Wärmemenge gemessen werden soll. So kann er seine Optimierungsideen in verkleinertem Maßstab überprüfen. „Trotz Corona ist das möglich, weil wir unseren Laborbetrieb entsprechend angepasst haben“, erklärt Jantzen.

Zum Thema:
Das Projekt der Gipsplattentrocknung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer halben Million Euro gefördert. Die FH Münster führt es in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Knauf Gips KG durch.


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