Gegen rechtsextreme Einstellungen kommt aus der Mitte weniger Widerspruch

Yann Rees von der FH Münster war an Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung beteiligt


Münster (2. Juli 2021). Wie weit sind rechtsextreme und menschenfeindliche Einstellungen tatsächlich in die Mitte der Gesellschaft eingedrungen? Gegen wen richtet sich die Ablehnung? Ist die demokratische Mitte geschrumpft oder verloren? Antworten darauf gibt die bevölkerungsrepräsentative „Mitte-Studie“ 2020/2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (IKG). Beteiligt daran war auch Yann Rees, sowohl wissenschaftlicher Mitarbeiter am IKG als auch am Fachbereich Sozialwesen der FH Münster.

Rees untersuchte speziell regionale Ausprägungen rechtextremer Einstellungen in Kreisen und kreisfreien Städten. „Unsere Daten zeigen, dass rechtsextreme Einstellungen vor allem dort verbreitet sind, wo der Anteil an Ausländer*innen und – damit verbunden – Kontaktmöglichkeiten geringer sind“, sagt Rees. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass Diversität und Kontakte zu Menschen anderer Herkunft vor Ort dazu beitragen können, menschenfeindliche Vorurteile zu verringern. Ein weiteres Ergebnis war zudem, das rechtsextreme Einstellungen auf Kreisebene besonders dort verbreitet sind, wo die AfD bei der Bundestagswahl 2017 erfolgreich war. „Der AfD-Wahlerfolg ist für die Vorhersage rechtsextremer Einstellungen auf Kreisebene statistisch noch bedeutsamer als der Ausländer*innenanteil“, so der Sozialwissenschaftler. Die Analysen sprächen dafür, dass die AfD und ihre Anhänger*innen dazu beitragen können, dass ihre Einstellungen sich normalisieren und von „normalen“ Bürger*innen als legitimer wahrgenommen werden – nicht als rechtsextrem und menschenfeindlich.

In der aktuellen „Mitte-Studie“ wurden zum ersten Mal systematisch Einstellungen zu den Medien erfasst, dies war der zweite Schwerpunkt für Rees. „Zwar lehnt die Mehrheit der Befragten ein Medien-Misstrauen ab, doch hält etwa ein Drittel die öffentlich-rechtlichen Medien weder für eine wichtige Säule der Demokratie noch für vertrauenswürdig. Knapp ein Viertel der Befragten hängt zudem dem Verschwörungsnarrativ an, dass Medien und Politik unter einer Decke stecken würden. „Unsere Analysen zeigen, dass Medien-Misstrauen vor allem ein rechtes Phänomen ist: Als misstrauisch gegenüber den Medien äußerten sich vor allem populistisch und rechtsextrem denkende Menschen. In Manier eines vertikalen Populismus – ‚Wir hier unten, die da oben‘ – werden Medien als Teil einer ‚Elite‘ betrachtet, und ihre Vertrauenswürdigkeit wird ihnen systematisch politisch motiviert aberkannt.“ Für Rees steht außer Frage, dass in Zeiten rasant zunehmender „Lügenpresse“-Unterstellungen und Angriffe auf Medienschaffende sichergestellt werden muss, dass öffentlich-rechtliche Medien ihren demokratischen Aufgaben frei und unversehrt nachgehen können.

Eine wichtige Schlussfolgerung aus der Studie ist, dass sich die Mitte gegen menschenverachtende und rechtsextreme Einstellungen positionieren muss. „Dafür braucht es“, ist sich Rees sicher, „eine langfristige Förderung von Demokratieprojekten wie beispielsweise in der Jugendarbeit.“ Sie müssten genau an den Orten stattfinden, wo sie benötigt werden, die Zivilgesellschaft möglicherweise unter Druck steht und rechte Einstellungen verbreitet sind – gute Beispiele für solche Projekte gebe es bereits.


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