Wenn Erwerbstätige Angehörige pflegen

Von erfahrenen Unternehmen lernen: Mentorship für Handwerksbetriebe


Münster/Ahaus/Borken (7. April 2022). Betriebe brauchen Ideen, um gute Fachkräfte zu finden und zu halten. Familienfreundlichkeit ist ein wichtiger Baustein, doch die Unterstützung pflegender Mitarbeiter*innen ist für viele Unternehmen noch Neuland. Im Kreis Borken ist nun ein Mentorenprojekt für Handwerksbetriebe gestartet. Weitere teilnehmende Betriebe sind herzlich willkommen.

Geschieht ein Unfall oder tritt eine plötzliche Erkrankung auf, startet die Organisations-Maschinerie: Krankenhaus, Versicherung, Pflege – Angehörige müssen in kürzester Zeit viel bedenken. Beruhigend, wenn die Sorge um den Job zunächst in den Hintergrund treten darf: „Mitarbeitende in Akutsituationen sind oft erst mal gar nicht in der Lage zu reden“, sagt Rendel Pietsch von der Unternehmensgruppe Pietsch mit Sitz in Ahaus. „Darum vermitteln wir ihnen als erstes: Du bist nicht in Gefahr, sondern kannst deine Prioritäten anders setzen.“ Seit 2015 hat das Unternehmen im Rahmen seiner lebensphasenorientierten Personalplanung auch die wachsende Gruppe der pflegenden Angehörigen im Blick: Pflegelotsen stehen für alle Standorte als erste Ansprechpartner*innen zur Verfügung. Das zahle sich aus, meint Pietsch, die Mitarbeitenden wüssten das Engagement und die Achtsamkeit ihres Arbeitgebers sehr zu schätzen.

Die guten Erfahrungen möchte die Unternehmensgruppe Pietsch nun weitergeben: an kleine und mittlere Handwerksbetriebe im Kreis Borken. Das Unternehmen nimmt als Mentor an einem Projekt der FH Münster teil, bei dem erfahrene Betriebe ihr Wissen weitergeben und selbst durch den Prozess Neues lernen können. „Erwerbstätige pflegende Angehörige: Mentorship für Handwerksbetriebe“ ist jetzt mit den ersten beiden Partnern gestartet: der Firma Pietsch als erstem Mentor, der Kreishandwerkerschaft Borken als erstem Mentee, also erster lernender Organisation, begleitet von der Wirtschaftsförderung Borken, dem Fachbereich Gesundheit der FH Münster sowie dem Institut HeurekaNet e.V. in Münster.

Der Zeitaufwand sei gering, der Nutzen groß, meint Thomas Oelschläger von HeurekaNet, der den Austauschprozess moderieren wird. „Wenn Unternehmen die Situation der pflegenden Mitarbeitenden kennenlernen, können sie auch unterstützende Maßnahmen entwickeln – ein Schritt zum attraktiven Arbeitgeber, der seine Fachkräfte finden und binden kann.“

Weitere Betriebe und Organisationen dürfen sich gerne bei Oelschläger unter der Rufnummer 0178/9153401 melden: Gesucht werden Handwerksbetriebe, die sich um ihre pflegenden Kolleg*innen bemühen möchten und ein halbes Jahr lang einmal im Monat zwei Stunden in ein gemeinsames Treffen investieren wollen. Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse in den teilnehmenden Betrieben verankert und erprobt – sodass die Mitarbeitenden am Ende eine echte Unterstützung erfahren.

Zum Thema: Das Projektbüro von münster.land.leben hatte Anfang des Jahres eine zweite Runde für innovative Ideen ausgeschrieben – das Projekt „Erwerbstätige pflegende Angehörige: Mentorship für Handwerksbetriebe“ ist eines der drei Vorhaben, die den Zuschlag bekommen haben. Ein zweites Vorhaben hat eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung eines Gesundheitstreffpunkts in Billerbeck zum Ziel, ein drittes eine Potenzialstudie zum Regionalentwicklungskonzept in Ladbergen, Lienen, Lengerich und Tecklenburg. Das hochschulweite Projekt „münster.land.leben“ an der FH Münster mit mehr als 75 Partnern aus Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft hat die Stärkung von Gesundheitsversorgung, Teilhabe und Wohlbefinden im ländlichen Raum zum Ziel. Alle Teilvorhaben stehen unter fhms.de/muensterlandleben


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