Roboter als Lernassistent für autistische Kinder

Von FH Münster geleitetes Verbundprojekt möchte niedrigschwelligen Therapiezugang ermöglichen


Münster/Bonn/Köln (9. Juni 2022). Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) profitieren enorm von verhaltenstherapeutischen Förderprogrammen, wie etwa der Münsteraner Intensivtherapie für Kinder mit ASS (MIA). Durch gezielte Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen sowie größtmöglicher Selbständigkeit lässt sich die Lebensqualität der Kinder und ihrer Familien deutlich erhöhen. Es ist jedoch in Deutschland nicht leicht, einen Platz in einem lernpsychologisch fundierten Therapieprogramm zu finden, da diese nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Das von Prof. Dr. Hanns Rüdiger Röttgers vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster geleitete Verbundprojekt MigrAVE möchte dazu beitragen, den Therapiezugang zu erleichtern. Und zwar indem es Lösungen sucht, um den äußerst zeitintensiven Therapieprozess technisch zu unterstützen, wodurch letztlich mehr Plätze angeboten werden könnten.

Unter anderem planen die beteiligten Wissenschaftler*innen den Einsatz von Robotern: „Verhaltensänderungen einzuüben, erfordert teilweise unzählige Wiederholungen, zum Beispiel wenn ein Kind lernen soll, eine Schleife zu binden“, erklärt Röttgers. „Roboter haben den Vorteil, dass sie immer gleich reagieren, während bei Menschen durchaus Ermüdungserscheinungen auftreten können, und außerdem sprechen sie alle Sprachen“, sagt der Mediziner und Psychotherapeut. „Als sich die Robotik-Experten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg an uns gewandt haben, weil sie gern zum Thema Autismus forschen wollten, hatten wir daher gleich Interesse an einer Zusammenarbeit.“ Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Programm "Forschung an Fachhochschulen" geförderte Projekt MigrAVE, an dem als dritte Hochschule die Rheinische Fachhochschule Köln beteiligt ist, läuft noch bis Ende nächsten Jahres.

Aktuell ist Lernroboter QT, der mit einem Zustandserkennungssystem auf Basis einer künstlichen Intelligenz ausgestattet ist und von den Projektteams der beiden anderen beteiligten Hochschulen für eine Lerndatenerhebung programmiert wurde, an der FH Münster zu Gast. „In den nächsten Wochen werden zahlreiche Kinder aus dem autistischen Spektrum mit QT interagieren. Anhand der so gewonnenen Audio- und Videodaten können wir Bewegungsmuster definieren, auf deren Basis Modelle trainiert werden, die dem Roboter ermöglichen, den Aufmerksamkeitsgrad des Kindes zu bestimmen“, erläutert Monika Bühren. „Der Roboter muss das Verhalten des Kindes erkennen und adäquat und kindgerecht darauf reagieren können.“ Im Herbst soll QT dann tatsächlich im Programm MIA eingesetzt werden. „Aber natürlich wird ein Roboter nie menschliche Therapeutinnen und Therapeuten ersetzen können, er ist lediglich ein optionaler unterstützender Baustein im gesamten Therapieprozess“, stellt die wissenschaftliche Mitarbeiterin klar.

Neben der Programmierung des Lernroboters entsteht in dem Verbundprojekt auch eine Online-Plattform, die betroffenen Familien und Therapeuten umfangreiche, validierte Informationen, Lernmaterialien sowie praktische Tipps und Hilfen bieten wird. Beide Technologien werden multilingual gestaltet, um insbesondere Familien mit Migrationshintergrund und potenziellen Sprachbarrieren zu unterstützen.


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