Humanitäre Logistik lindert menschliches Leid

Planspiele und Fachvorträge rücken Höchstleistungen in den Fokus


Münster (10. April 2014). 25 Augenpaare blicken neugierig auf eine Miniaturlandschaft. Ein schmaler Fluss schlängelt sich durch das Land. Nicht weit davon entfernt haben sich Dorfbewohner niedergelassen. Felder und Bäume gedeihen saftgrün. Doch die Idylle trügt. Leuchtend rote Holzpfeile signalisieren Gefahr. In kleinen Buchstaben ist das englische Wort für Minen aufgedruckt - „mines". Die Blicke wandern weiter zu einem mit Stacheldraht umzäunten Gebiet. Zwei schwarze Panzer haben sich dahinter positioniert. Ihre Zielfernrohre sind auf winzige Bausteine gerichtet. Verstreut liegen sie im Gelände. Es sind Flüchtlinge, die verzweifelt Hilfe suchen.

Um sie zu retten, bauen Hilfsorganisationen Flüchtlingscamps. Welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind, lernen 25 Teilnehmer von Prof. Dr. Joachim Gardemann. Er ist Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe der Fachhochschule Münster und hat selbst bei zahlreichen Hilfseinsätzen weltweit mitgearbeitet. Anhand des Miniaturmodells zeigt er Gefahrenpotentiale und praktische Lösungsansätze. „Wir müssen bei allem die lokalen Gesetze beachten", erklärt Gardemann. In erster Linie sei es wichtig, die lokale Bevölkerung einzubeziehen. Denn nur so könne ein Konflikt vermieden und den Flüchtlingen schnell geholfen werden.

Das Miniaturmodell im Foyer der Rüstkammer des Stadtweinhauses ist eines von zwei Planspielen, durch das auf die Bedeutung der Logistik in der humanitären Hilfe aufmerksam gemacht wird. „Wenn jede Minute zählt" heißt die Veranstaltung am Donnerstag (10.4.), bei der die Logistik in den Fokus rückt. Denn logistischen Höchstleistungen ist es zu verdanken, dass Einsatzpersonal, Ausrüstung und Hilfsgüter schnell in ein Krisengebiet transportiert werden können. Mehrere Partner haben die Organisation der Veranstaltung übernommen, darunter auch Prof. Dr. Franz Vallée, Sprecher der Regionalgruppe Münster/Osnabrück der Bundesvereinigung Logistik.

Dass Retter bei Hilfseinsätzen im Katastrophengebiet besonders gefordert sind, erleben weitere 28 Teilnehmer in einem zweiten Planspiel hautnah. Prof. Dr. Bernd Hellingrath von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster simuliert die Rettung von Verletzten. Ausgehend von einem Flugzeugabsturz in Münster gilt es nun, Erste Hilfe zu leisten. Am Dom beugt sich ein fünfköpfiges Team über eine am Boden liegende Gestalt - die sich bei genauerem Hinsehen als Anhäufung von Decken und Jacken entpuppt. Ausgestattet mit Funkgeräten und gelben Warnwesten leisten sie Hilfe und organisieren den Transport ins Krankenhaus. Stressresistenz, Reaktionsgeschwindigkeit und Koordinationstalent sind Eigenschaften, die das Team benötigt. Und schon laufen die Teilnehmer weiter durch die Stadt zu ihrem nächsten „Rettungseinsatz".

Nach den praktischen Übungen folgen am Nachmittag Fachvorträge zum Thema. Fast bis auf den letzten Platz gefüllt ist der Rathausfestsaal, als Hellingrath seinen Vortrag beginnt. „Die humanitäre Logistik rettet Menschenleben und lindert Leid." Zentrale Aufgaben seien Lageeinschätzung, Beschaffung, Lagerung und Verteilung. Angesichts zerstörter Straßen sei bei der Verteilung Improvisationstalent gefragt. Neben Hellingrath sind Vertreter der DRK-Auslandshilfe, des DRK-Generalsekretariats Berlin und von humedica e.V. als Referenten geladen. Die Veranstaltung endet mit einem Podiumsgespräch und bei vielen Teilnehmern mit beklemmenden Gefühlen. Die Gedanken sind bei den unzähligen Flüchtlingen in aller Welt, für die Minen und Panzer bittere Realität sind.


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