Wenn aus Joachim „Indy“ wird

Schwestern geben dem Einsatzleiter des Ebola-Zentrums einen Spitznamen


Münster/Kenema (14. November 2014). Der Tod gehört jeden Tag dazu. Von den 247 Patienten, die im Ebola-Zentrum in Kenema, Sierra Leone, bislang behandelt wurden, haben immerhin 90 die Virus-Erkrankung überlebt und sind nun gegen den Erreger immun.

Bei allem Leid gibt es aber auch schöne Momente im Camp. Darüber berichtet Prof. Dr. Joachim Gardemann in einer E-Mail.

„Wir befinden uns in der Observational Interim Care Center for Under 5s (OICC U-5), die Station für Kinder unter fünf Jahren mit nachgewiesenem engem Kontakt zu ihren ebolakranken Eltern oder anderen Angehörigen. Diese Kleinkinder haben erfahrungsgemäß ein sehr hohes eigenes Erkrankungsrisiko. Wir belassen diese Kinder nicht bei ihren erkrankten Eltern in unserem Behandlungsbereich, sondern fassen sie in einer eigenen Station zusammen, um ihnen eine bessere Überlebenschance zu geben. Jedoch müssen wir leider trotzdem immer wieder beobachten, dass etliche dieser Kinder dann doch irgendwann erste Ebola-Symptome zeigen und dann sofort in den Infektions- und Behandlungsbereich verlegt werden müssen, aber einzelne haben immerhin die Chance, ohne eigene Erkrankung zu überleben.

Unsere Kinder dort in unserem „Kindergarten" sind ganz einfach ganz normale Kinder, eben so wie alle Kinder auf der Welt. Sie freuen sich immer über unseren Besuch und stören sich überhaupt nicht an unseren merkwürdigen Anzügen. Oft singen wir zusammen oder machen allerhand Faxen, ich muss immer meine sehr bescheidenen Jonglierkünste präsentieren und ernte jedes Mal einen großen Applaus und viele Lacher. Es ist kaum zu glauben, aber dieser Teil unserer Ebolaklinik ist oft ein sehr fröhlicher Ort.

Wir schreiben uns beim Einkleiden gegenseitig den Namen auf die Stirn und auch die Uhrzeit auf den Ärmel der Schutzkleidung, so passen wir aufeinander auf und achten darauf, dass niemand die zulässige Einsatzzeit im Schutzanzug bei den tropischen Temperaturen überschreitet.

Meist schreiben wir uns gegenseitig Spitznamen auf die Stirn. Weil mein richtiger Name „Joachim" einfach zu lang und zu kompliziert ist und auch nicht auf meine Stirn passt, haben die Schwestern mich einfach „Indy" getauft. Warum „Indy"?
Ich sei halt ein Hochschulprofessor, der ab und zu seinen Studenten zu Hause ganz kurzfristig im Hörsaal verkünden muss, dass er für einige Wochen auf eine große und abenteuerliche Reise gehen wird, eben genau so wie immer zu Anfang der „Indiana Jones"-Filme, so erklärte mir das Schwester Marjorie vom britischen Roten Kreuz aus Glasgow mit ihrem unnachahmlichen schottischen Akzent.

Dabei bin ich ja eigentlich überhaupt gar kein Abenteurer, sondern ich bemühe mich hier einfach nur, meine Arbeit möglichst gut zu machen.
Dennoch bin ich glücklich über meinen Namen „Indy", denn dieser ist ein liebevolles Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung in unserem fabelhaften internationalen Rotkreuzteam."

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