Zweiter Anlauf heißt nicht zweite Wahl
Die Entscheidung zum Studiengangwechsel fällt vielen nicht leicht
Wird es beim zweiten Anlauf besser klappen? Was sagen die Eltern? Wie beeinflusst der Wechsel die späteren Jobchancen? Ein Studiengangwechsel ist keine leichte Entscheidung. (Foto: FH Münster/Pressestelle)
Münster (24. Juli 2015). Die Bewerbungsphase
für die zulassungsbeschränkten NC-Studiengänge ist abgeschlossen. Viele junge
Menschen warten in diesen Tagen auf eine Nachricht von der Hochschule ihrer
Wahl. Einige tun dies nicht zum ersten Mal. Sie wechseln - die Hochschule, die
Fachrichtung oder den Studiengang.
„Selbstreflexion und
Selbsterkenntnis, dazu der Mut, sich das eigene Scheitern einzugestehen und
danach zu handeln - das sind Fähigkeiten, die sich viele Studierende erst
erarbeiten müssen", sagt Dr. Jutta Rach, Studiendekanin am Fachbereich
Wirtschaft der FH Münster. Andere bringen diese Eigenschaften bereits bei der
Einschreibung mit, wie Borge Claussen. „Es war einfach nicht mein Ding", sagt
er über sein Studium der Wirtschaftsinformatik. Er hat den Schritt gewagt, sich
von der Informatik verabschiedet und konzentriert sich jetzt voll und ganz auf
die BWL.
Woran hat es gelegen, dass er im ersten Anlauf gescheitert
ist? „Ich hatte einfach die falschen Vorstellungen vom Studium und meine
Erwartungen gingen in eine ganz andere Richtung", weiß Claussen heute. Die
Schule fiel ihm leicht, das Abi hat er ohne großen Aufwand gemeistert. Bei der
Studienwahl haben ihn die guten Jobaussichten gelockt. „Das große Erwachen kam
dann in der ersten Prüfungsphase", erinnert sich der FH-Student. Als es im
zweiten Semester nicht besser wurde, entschied er sich für den Wechsel. „Für
mich war es wichtig, einzugestehen, dass ich gescheitert bin. Sonst wäre ich
nie an den Punkt gekommen, wirklich noch einmal von vorn anzufangen", erzählt
er.
Für seinen zweiten Anlauf hat sich Claussen gut vorbereitet.
Aktuelle Rankings, Studienverlaufspläne und Erfahrungsberichte flossen in seine
Entscheidung mit ein - anders als beim ersten Mal: „Wenn ich ehrlich bin, hätte
ich es nach dem Abi nie geschafft, das alles so abzuwägen. Ich habe sogar erst
am Ende des ersten Semesters überhaupt verstanden, was ECTS-Punkte sind." Der
Aufwand hat sich gelohnt. Im Herbst beginnt für Claussen das vierte Fachsemester
im Bachelorstudiengang BWL und bisher hat er alle Klausuren gut bestanden. Ein
Erfolg, auf den der 21-Jährige stolz ist. Was bleibt, ist die Unsicherheit, wie
potenzielle Arbeitgeber den Studienfachwechsel sehen.
Ralf Schillmüller, Leiter der Personalabteilung bei
Ernsting´s family, steht dem Thema gelassen gegenüber: „Ich finde es
prinzipiell nicht negativ, wenn sich junge Menschen umorientieren und diesen
Schritt tun, solange sie ihre Entscheidung gut begründen können". Die
Studieninteressierten seien heute mit einer viel höheren Informationsdichte
konfrontiert, als noch vor einigen Jahren, meint der Experte. Dass manche damit
überfordert seien und einen zweiten Anlauf bräuchten, könne er sich gut
vorstellen. Bisher seien ihm in der betrieblichen Praxis jedoch noch nicht
viele Bewerber begegnet, die einen Studienfachwechsel hinter sich haben.
Zum Thema:
Bei einem Studiengangwechsel besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, das Studium mit einer Einstufung in ein höheres Fachsemester zu verkürzen. An der FH Münster ist der Prüfungsausschuss des jeweiligen Fachbereichs dafür zuständig. Wer über einen Studiengangwechsel nachdenkt, sollte diese Option frühzeitig prüfen lassen. Weitere Informationen gibt es unter www.fhms.eu/Studienwechsel.
Außerdem lohnt es sich, mit dem Studierendenwerk Kontakt aufzunehmen. Ein Studiengangwechsel bedingt nicht automatisch, dass alle Ansprüche auf das BAföG verfallen. Weitere Informationen gibt es unter www.fhms.eu/Studierendenwerk.