Statt schweißen: Stahl kleben

Forschungsprojekt an der FH Münster widmet sich Klebverbindungen im Landmaschinen- und Anlagenbau


Münster/Steinfurt (20. Juni 2017). Ob Mähdrescher, Trecker oder Radlader – landwirtschaftliche Maschinen wie diese haben alle eins gemeinsam: Zur Erhöhung des Produktionsniveaus sind sie immer größer und damit schwerer geworden. Für Landmaschinen ist das insbesondere deshalb ein Problem, weil durch die schweren Geräte eine hohe Bodenverdichtung erfolgt und das Pflanzenwachstum erschwert oder sogar das gesetzlich festgelegte Fahrzeuggewicht überschritten wird. Ein wichtiges Ziel ist deshalb: Die Maschinen müssen leichter werden. „Dieser Herausforderung stellt sich das Forschungsprojekt“, sagt Prof. Dr. Gerhard Kötting, Leiter des Werkstofftechnik-Labors auf dem Steinfurter Campus der FH Münster.

Denn Maschinen der Landtechnik und des Anlagenbaus werden vorzugsweise aus Stahl hergestellt, sie sind größtenteils geschweißt und auch deshalb so schwer. „Wir wollen zeigen, dass Stahl nicht nur geschweißt, sondern auch geklebt werden kann“, so Kötting. „Denn diese Technik eignet sich besonders für den Leichtbau.“

Dass das funktioniert, wurde bereits in Voruntersuchungen nachgewiesen. „Klebverbindungen haben einen großen Vorteil: die hohe Festigkeit bei dynamisch einwirkenden Belastungen vor allem auch bei hochfesten Stählen, die weniger gut schweißgeeignet sind. Dadurch können gleichzeitig die Wanddicken reduziert werden, und die Bauteile werden leichter“, sagt Miriam Laubrock. Die Ingenieurin hat Maschinenbau an der FH Münster studiert. Sie ist verantwortlich für die Projektdurchführung und promoviert zu diesem Thema.

„In anderen Branchen, wie zum Beispiel im Automobilbau, ist die Klebtechnik schon weit verbreitet“, sagt Laubrock. „Nun wollen wir zeigen, dass sie auch zielführend im Landmaschinen- und Anlagenbau eingesetzt werden kann – und zwar ohne Bedenken, was Langlebigkeit und Sicherheit betrifft.“ Bislang fehle es an systematischen Untersuchungen, weshalb sich die Hersteller noch nicht getraut hätten, auf gewichtsreduzierende Alternativen durch Klebverbindungen zu setzen. Doch das Interesse sei da. „Wir kooperieren mit 22 Unternehmen, das heißt mit Landmaschinen- und Anlagen-, Stahl- und Klebstoffherstellern. Dabei ist das Thema Leichtbau ein Schwerpunkt an unserem Fachbereich Maschinenbau“, so Laubrock.

Im Labor testet die Ingenieurin verschiedene Klebstoffe und Stähle. Dazu stellt sie Bauteilproben her: „Wir schneiden die Stähle zu, behandeln die Oberflächen vor und applizieren den Klebstoff. Anschließend erfolgt das Fügen und Aushärten der Klebschichten. Die Prüfteile gehen dann an mitwirkende Unternehmen, um sie fachgerecht zu lackieren. Danach folgen die Belastungstests auf dem Steinfurter Campus der FH Münster.“

Die durch die Bauteilproben gewonnenen Erkenntnisse überträgt sie dann auf reale Maschinenkomponenten, die von den beteiligten Maschinenherstellern vorgeschlagen werden. „Diese haben Modellcharakter für den Landmaschinenbau und sollen die Umsetzbarkeit in die Praxis hinsichtlich Konstruktion und Fertigung demonstrieren.“

Im Februar ist das Projekt gestartet. „Wir wollen durch Fakten darlegen, dass die Qualität durch das Kleben genauso gut ist wie durch das Schweißen“, sagt Laubrock. Verschiedene Herausforderungen gebe es dabei zu bewältigen, darunter zum Beispiel die Beständigkeit gegenüber Korrosionsbelastung. „Wir prüfen aggressive landwirtschaftstypische Medien, wie Jauche oder Gülleflüssigkeiten und Düngemittellösungen, in ihrer Wirkung.“ Bis April 2019 läuft das Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) gefördert wird.

„Für uns ist das ein großer Erfolg, denn damit wurden gleich zwei beantragte Forschungsvorhaben bewilligt“, sagt Kötting. Die FH Münster kooperiert dabei mit dem Laboratorium für Werkstoff und Fügungstechnik der Universität Paderborn. Uns ist wichtig, Studierende in die Forschung zu integrieren“, so der Hochschullehrer. „Deshalb ist das Forschungsprojekt in Teilpakete aufgeteilt, die von den Studierenden in Form von Projekt- und Abschlussarbeiten im Rahmen ihres Bachelor- oder Masterstudiums bearbeitet werden. Derzeit sind sieben Studierende in die Forschungsprojekte eingebunden.“


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