Einfach nur Luft

Maximilian Steverding von der FH Münster experimentiert mit einem besonderen Element als Architektur


Münster (18. Oktober 2017). Architektur, muss das eigentlich immer ein festes, geerdetes Gebäude oder eine Konstruktion aus Materie sein? Nicht unbedingt, sagt Maximilian Steverding, Architekturabsolvent der FH Münster. Und lieferte mit seiner Bachelorarbeit „Aerographen“ dafür gleich mehrere Beweise. Darin wagte Steverding ein Gedankenexperiment: Wie kann eine Architektur der Luft funktionieren?

Dafür hat er drei künstlerisch-experimentelle Annäherungen an die beiden Elemente Luft und Erde entwickelt. „Mir war besonders die räumliche Erfahrung wichtig“, sagt Steverding. „Wer durch die Präsentation mit ihren Versuchsanordnungen schritt, sollte selbst erkennen, wie wandelbar und wie leicht Architektur sein kann.“ Dafür ein Beispiel: Wer ein Haus baut und Wände zieht, schränkt die Weite des Menschen in seinen Bewegungen ein – denn so ganz frei ist man ja nicht mehr, wenn eine Wand im Weg steht. „So gesehen beeinflussen beispielsweise Wände unsere Bewegungen im Raum“, erklärt Steverding. Deshalb drehte er die Konditionierung um: In seiner Versuchsanordnung „Windtuch“ modellierte die Bewegung des Menschen den Raum. „Die räumliche Begrenzung ist dabei aber keine Wand, sondern eine sehr leichte, luftige Folie, ähnlich den Rettungsdecken in Autos. Ich habe sie nur oben befestigt, sodass sich die Folie im Wind wiegt, der durch die Bewegungen entsteht, wenn man durch sie hindurchgeht, und sich anpasst.“

Sein zweites Exponat war eine fliegende Skulptur, die „Wolkenblase“. „Hier habe ich die Idee der Skulpturalität hinterfragt – denn viele assoziieren Skulpturen mit festem Material, das auf der Erde steht und das überdauert.“ Steverding hingegen griff zur Seifenblase, die er mit Nebel füllte. „So war meine Skulptur wandelbar, sie hat sich immer wieder neu verformt. Als die Seifenblase im Flug platzte, blieb trotzdem Nebel zurück – das Innenleben der Skulptur existierte weiterhin, auch ohne festes Material.“

Um die Leere des Raumes rankte sich sein drittes Exponat, die „Luftmaschen“. „Wenn wir sagen, dass ein Raum leer ist, ist er das gar nicht unbedingt – es kommt auf die Perspektive an“, erklärt der 22-Jährige, und dies verdeutlicht erneut den interdisziplinären Ansatz seiner Arbeit. Nichts, einfach nur Luft – das ist zum Beispiel aus meteorologischer Sicht Sauerstoff und Stickstoff. „Dies habe ich mit einzelnen dünnen Fäden verdeutlicht, von der Decke baumelnd im Spiel des Luftzugs. Nur eine Hand voll – so sind sie recht lose in der Masse, aber wer hindurchgeht, spürt trotzdem, dass da etwas ist. Die Antithese des leeren oder gefüllten Raumes, der Luft und der Erde, die schließt sich plötzlich nicht mehr aus – ganz im Gegenteil.“

Die Arbeit betreut hat Prof. Kirsten Schemel vom Fachbereich Architektur der FH Münster, der Münster School of Architecture (MSA). „Sein Vorschlag zu einer Architektur der Luft überzeugt und inspiriert durch die subtile Haltung und seine im minimalistischen Sinne poetische und präzise maßstabslose Ausformulierung“, sagt die Professorin mit dem Forschungs- und Lehrgebiet Entwerfen. Die Exponate waren im Foyer des Fachbereichs am Leonardo-Campus aufgebaut. Steverding plant, seinen Ansatz weiter zu verfolgen – gerade absolviert er jedoch ein Jahrespraktikum beim Architektenbüro Herzog & de Meuron in Basel.

 


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