Raus aufs Feld: Agrarroboter wagt den Praxistest

Maschinenbaustudierende der FH Münster konstruieren und programmieren Roboter


Münster/Steinfurt (7. Mai 2019). Ende April säen die Landwirte Mais aus. Dann dauert es nicht lang, bis die ersten Pflanzen aus dem Ackerboden ragen. Bis dahin will das Projektteam am Fachbereich Maschinenbau der FH Münster aber nicht warten. Es hat einen Agrarroboter gebaut, der autonom durch eine reihenförmige Anordnung von Maispflanzen fährt, dabei am Ende einer Reihe selbstständig wendet und durch die benachbarte Reihe zurückfährt – und das alles innerhalb einer vorgegebenen Zeit.

Warum das Ganze? Das Team will am internationalen studentischen Wettbewerb „Field Robot Event (FRE)“ teilnehmen. Also muss der FH-Prototyp raus auf Feld und den Praxistest unter weitestgehend realen Bedingungen bestehen. Dabei macht Not erfinderisch: Die Maispflanzen sind aus Papier und in ordentlichen Reihen angeordnet – auf dem eigens dafür angelegten Testacker auf dem Steinfurter Campus der Hochschule.

Seit eineinhalb Jahren arbeitet das Team an Konstruktion, Fertigung und Programmierung. Daran beteiligt sind Maschinenbauinformatiker – als Studierende, studentische Hilfskräfte, wissenschaftliche Mitarbeiter. Dr. Jochen Korn vom Fachbereich Maschinenbau ist der Initiator des Projekts. „Wir widmen uns den verschiedenen Bereichen Mechanik, Elektronik und Informatik parallel, dadurch sind wir schneller. Mit der Programmierung sind wir zum Beispiel schon weit vorangeschritten. Verschiedene Ideen zur Konstruktion sind unter anderem in studentischen Projekt- und Abschlussarbeiten entstanden – und wir setzen sie jetzt um.“

Dabei gibt es immer wieder Hürden, die das Team überwinden muss. „Das Programmieren lernen wir hier im Studium, aber mobile Robotik ist noch mal eine ganz andere Liga. Da haben wir uns erst einmal eingearbeitet“, sagt Projektmitarbeiter Piet van der Meulen als Teamleiter Programmierung. Geholfen hat der Vergleich zum ferngesteuerten Auto. „Wir haben in den frühen Entwicklungsphasen versucht, erst einmal die Funktionalität eines ferngesteuerten Autos nachzubilden. Daraufhin haben wir das System mit Sensoren erweitert, die für eine autonome Navigation notwendig sind.“ Die Fahrbefehle waren schnell entwickelt, doch dem Agrarroboter das autonome Fahren beizubringen, hat gedauert. „Es gab mehrere Anforderungen, denn unser Roboter soll ja zwischen den Maispflanzen herfahren. Das heißt, er muss deren genauen Standort kennen, sie als Hindernis wahrnehmen und drumherum fahren“, so van der Meulen.

Damit das gelingt, sind zwei Komponenten wichtig: eine Tiefenkamera und ein Laserscanner. Die Kamera ist auf dem Dach montiert und erfasst die Pflanzen dreidimensional. Der Laserscanner misst die Laufzeit eines entsendeten Lichtimpulses, und daraus lässt sich die Entfernung zu einem Objekt bestimmen – in diesem Fall also Maispflanzen. Dadurch weiß der Roboter, wo er sich befindet und wann er wenden muss. Die Daten fließen an einen Computer, wodurch das Team direkt eingreifen kann, sobald es zu Störungen kommt.

Jeder ist mit Feuereifer dabei, und das merkt man deutlich: An einem sonnigen Nachmittag rollt der Prototyp zum allerersten Mal auf das Testfeld – und fast alle Teammitglieder sind vor Ort. Die erste Reihe meistert er mit Bravour, beim Wenden macht ihm die Erde zu schaffen. Da hilft auch eine höhere Drehzahl nicht, also mehr Schub für den Motor. „Damit haben wir gerechnet“, sagt van der Meulen. „Wir hatten unseren Roboter bislang immer nur im Labor im Einsatz, also auf einem sehr ebenmäßigen Boden. Dass es draußen zu Problemen kommen kann, war uns klar. Hier müssen wir also noch mal ran.“ Der Euphorie tut das überhaupt keinen Abbruch – im Gegenteil. „Das ist einfach ein geniales Projekt, in dem viel Herzblut steckt“, sagt Projektmitarbeiter Jan Kiewit. „Man kann super viel machen, ausprobieren und man lernt richtig viel dazu.“ Er leitet zurzeit das Konstruktionsteam und feilt gerade an den Reifen des Agrarroboters. Die bestehen aus einer speziellen Gummimischung, die der von herkömmlichen Reifen sehr nahekommt und deshalb besonders widerstandsfähig ist.

Die Erkenntnisse, die das Team aus dem ersten Außeneinsatz gewonnen hat, nutzt es für die weitere Optimierung. Die Zeit läuft, denn das nächste Field Robot Event ist bereits in Sicht. „Wenn alles glattgeht, ist auch unser Agrarroboter demnächst mit dabei. Ob aber bereits in diesem oder erst im nächsten Jahr lässt sich heute noch nicht genau sagen. Wir wollen uns auch nicht zu sehr unter Druck setzen. Schließlich können kurzfristig neue Herausforderungen auftauchen wie zum Beispiel geänderte Wettbewerbsbedingungen“, sagt Korn.

Unabhängig vom Wettbewerb widmet sich das Team einem Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. „Autonome Systeme für die Landwirtschaft zu entwickeln, das ist gerade ein großer Bereich“, erklärt Korn. „Es geht darum, bessere Sensoren, bessere Instrumente und bessere Abstimmungen der Komponenten untereinander zu entwickeln. Wenn man so will, leisten wir mit unserem Projekt auch einen Beitrag für die zukünftige Arbeit in der Landwirtschaft. Denn das Wissen fließt in andere Projekte ein.“ Und davon gibt es auch an der FH Münster welche: Ein anderes Forscherteam arbeitet derzeit an der Unkrautvernichtung durch Laser, ein weiteres feilt an technischen Lösungen, die das Wachstum von Petersilie beobachten.


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