Wenn das Herz Hilfe braucht

FH-Studentin untersuchte in Frankreich Implantat für Patienten mit Herzinsuffizienz


Münster/Steinfurt (19. Juni 2019). 50 bis 100 Mal schlägt ein gesundes Herz ohne Belastung pro Minute. Mit jedem Zusammenziehen pumpt es Blut durch den menschlichen Körper. Wenn es das nicht richtig schafft, wird der Körper minderdurchblutet und nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt – und das ist lebensgefährlich. Patienten, die mit diesen Symptomen zu kämpfen haben, leiden an einer Herzinsuffizienz. Ärzte behandeln diese, indem sie eine kleine mechanische Pumpe direkt am Herzen implantieren. Dieses sogenannte Linksherzunterstützungssystem – im Englischen heißt es Left Ventricular Assist Device (LVAD) –, hilft der linken Herzkammer beim Pumpen des Blutes durch den ganzen Körper.

Diese Systeme sind zwar seit mehreren Jahren auf dem Markt, nach wie vor beobachtet man jedoch schwere Komplikationen: 80 Prozent der Patienten weisen in den ersten zwei Jahren nach der LVAD-Implantation mindestens ein schwerwiegendes, unerwünschtes Ereignis auf, das zum Beispiel eine Wiedereinlieferung in das Krankenhaus erfordert oder sogar zum Tode des Patienten führt. Die meisten der derzeit zugelassenen Systeme basieren auf einer Pumpentechnik mittels Zentrifugalkraft, die das Blut kontinuierlich befördert und nicht pulsatil wie der Herzmuskel. Bei diesen Patienten ist nach der Implantation kein Puls mehr vorhanden. Die reduzierte Pulsatilität verursacht, verschiedenen Studien zur Folge, neurologische Dysfunktionen, wie beispielsweise Schlaganfälle, reduziert die Durchblutung der kleinsten Blutgefäße und senkt damit die Versorgung der Endorgane. Außerdem steigt das Risiko für gastrointestinale Blutungen.

Wie es anders gehen kann, damit beschäftigt sich ein Unternehmen in Frankreich: CorWave entwickelt innovative Herzunterstützungssysteme. Denn die Forscher arbeiten an einer technischen Lösung, die einen pulsatilen Fluss mit einer physiologischen Frequenz bietet, um den natürlichen Herzschlag des menschlichen Herzens zu imitieren. Ob und wie das funktioniert, hat Theresa Gärtner in ihrem Studium Biomedizinische Technik an der FH Münster untersucht und darüber ihre Masterarbeit geschrieben. Dafür ging die 25-Jährige für vier Monate nach Paris.

„Ich habe da den LVAD-Prototypen des Unternehmens charakterisiert und evaluiert, wie er im menschlichen Körper funktionieren könnte“, sagt Gärtner. Der Prototyp, das ist eine membranbasierte Pumpe – und sie ist so klein, dass sie in eine Handfläche passt. Ein externes elektrotechnisches Steuerungsmodul bringt die Membran in Schwingung, und dadurch wird das Blut befördert. „Man kann sich das vorstellen wie beim Schwanzflossenschlag von Fischen im Wasser. So ähnlich funktioniert auch die Membran. Ihr Schlag ist sehr weich, wodurch das Blut sanft transportiert und nicht geschädigt wird – und ausreichend Blut fließt.“ Die Pumpe soll an der seitlichen Herzspitze mit der linken Herzkammer verbunden werden und dann das Blut aus der Herzkammer über einen dünnen Schlauch direkt in die große Körperschlagader transportieren. Ein Kabel soll von der Pumpe aus der Bauchdecke heraus zu einer Steuereinheit führen, die der Patient wie einen Gürtel um den Bauch befestigen kann.

Doch das ist noch Zukunftsmusik, denn der Prototyp befindet sich in der präklinischen Entwicklung. „Ich habe mir erst mal nur das pulsatile Verhalten angeschaut und untersucht, wie genau sich die Membran verhält. Anschließend habe ich einen experimentellen Aufbau zur Simulation des Herz-Kreislauf-Systems weiterentwickelt und daran Messungen unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt“, erklärt Gärtner. „Ziel war es, das Implantat synchron zur Kontraktion des linken Ventrikels anzusteuern sowie das Verhalten der Pumpe und die Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System auszuwerten. Meine Ergebnisse sind sehr vielversprechend!“ Jetzt sind klinische Studien notwendig, um später die Zulassung für das CorWave LVAD, also das Herzunterstützungssystem, zu erhalten. „Geklärt werden muss auch noch, wie genau die Steuerung funktioniert. Feststeht, dass sie sich möglichst nah an den physiologischen Bedingungen des menschlichen Körpers orientieren soll.“

Zustande kam der Kontakt zum Unternehmen über ein Forschungsprojekt, das Gärtner an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gemacht hatte. „Da habe ich untersucht, wie man Thrombosen aus Herzunterstützungssystemen entfernen kann. Über dieses Projekt habe ich Kontakte nach Frankreich geknüpft.“

Inzwischen hat sie ihr Masterstudium Biomedizinische Technik an der FH Münster beendet und fängt als Entwicklungsingenieurin im Bereich neurochirurgischer Produkte bei einem Hamburger Unternehmen an. „Das ist eine hervorragende Anerkennung, direkt nach dem Studium in einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Unternehmens starten zu können“, sagt Prof. Dr. Karin Mittmann vom EUREGIO Biotech Center der FH Münster, die Betreuerin der Masterarbeit. Gärtner hatte keine Schwierigkeiten, eine Stelle direkt nach dem Studium zu finden. „Ich hatte drei Vorstellungsgespräche und zwei Zusagen. Wer Biomedizinische Technik an der FH Münster studiert, ist am Arbeitsmarkt offenbar sehr gefragt“, freut sie sich.


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