Robust in jeder Form

Verschleißbeständige Beschichtungen aufbringen: Julian Hasselmann von der FH Münster arbeitet an einer neuen Technologie


Münster/Steinfurt (2. Juli 2019). Maschinen laufen in der Industrie häufig 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Da ist es Alltag, dass einzelne Bauteile durch Reiben oder Schleifen stark abnutzen. So stark, dass Teile ausgetauscht werden müssen – was sich natürlich negativ auf die Produktionsprozesse auswirkt. Abhilfe kann eine verschleißbeständige Beschichtung schaffen. Die gibt es auch schon für viele Bauteile. Aber wenn die Bauteile in ihrer Geometrie sehr komplex sind, wie etwa bei Zahnrädern und der Innenseite von gebogenen Rohren, dann wird es mit der Beschichtung gegen Verschleiß schwierig. „Zurzeit existiert kaum ein Verfahren, dass das wirtschaftlich hinbekommt“, erklärt Julian Hasselmann, Maschinenbau-Masterstudent an der FH Münster. Und genau solch ein Verfahren will das Team vom Werkstofflabor um Prof. Dr. Jürgen Peterseim entwickeln – mit dem Anspruch „einfach, gut und günstig“.

Auch Hasselmann wirkt daran mit. Er hat mit seiner Bachelorarbeit eine sehr aussichtsreiche Basis geschaffen, auf der anschließende Abschluss- oder Projektarbeiten aufbauen können, um erste Prototypen realer industrieller Anwendungen herzustellen, so Peterseim. „Aus meinen Literaturrecherchen haben sich drei mögliche Herangehensweisen herauskristallisiert – diese bestehen jeweils aus zwei bereits etablierten Verfahren, die ich dann zu einer Technologie vereint habe“, erklärt Hasselmann.

In ihr geht es konkret zunächst um das Feingussverfahren, durch das die Geometrie der zukünftigen Beschichtung abgebildet werden soll. „Vereinfacht gesagt funktioniert sie wie Förmchengießen“, erklärt Hasselmann. „Basierend auf einer CAD-Datei habe ich die spätere Beschichtungsgeometrie per 3D-Druck hergestellt und auf dem Substrat, also dem zu beschichtenden Bauteil, angebracht und mit Zugängen versehen.“ Daraufhin umgießt er die Kombination aus Substrat und 3D-Druck mit einer keramischen Formmasse. Diese Form brennt er dann im Ofen. „Zum Schluss stehen Kavitäten, also Hohlräume, für das Beschichtungsmaterial zur Verfügung.“

Danach folgt Schritt zwei, der pulvermetallurgische Verbundguss: Hasselmann lässt feinkörniges Pulver in die produzierte Form rieseln und schmilzt dieses ein. Die Masse füllt die Hohlräume und hinterlässt abgekühlt schlussendlich eine 1 bis 5 Millimeter dicke Beschichtung.

So weit die Theorie. „In der Praxis brauchen wir eine ganz saubere, stoffschlüssige Verbindung und ein entsprechendes Gefüge, die beschichteten Bauteile sind ja nicht für die Vitrine gedacht“, sagt Hasselmann. Seine hergestellten Beschichtungen analysierte er deshalb genauestens: Er untersuchte die Beschaffenheit der Oberfläche und die Formtreue – sie ist das A und O, beim Erkalten verziehen sich die Formen häufig, das würde die Beschichtung beeinflussen und in ihrer Qualität mindern. Auch die Verteilung der Karbide und die damit verbundenen Eigenschaften sind wichtige Kriterien, denn diese Verbindungen sind sehr hart und sorgen unter anderem für die Verschleißbeständigkeit der Beschichtung. Dies untersuchte der Student zum Beispiel unterm Lichtmikroskop.

Bei all den Qualitätsansprüchen sollte die neue Technologie aber auch eins sein: leicht umzusetzen und wirtschaftlich. „Je einfacher man den Ablauf gestalten will, desto komplexer wird die Entwicklung“, sagt Tobias Schniedermann, Doktorand im Team. Aber es sieht gut aus: Bislang sind auf dem Weg zum Prototyp noch keine hohen Anlagenkosten nötig, und das Team kann an Atmosphärenluft und somit ohne Vakuum oder Schutzgas arbeiten. Als großes Ziel schwebt über allem die Patentanmeldung. „Damit auch der Metallbauer um die Ecke das Know-how dafür bekommt“, so Peterseim.

Für Hasselmann war seine Bachelorarbeit „genau das Thema, das ich bearbeiten wollte“. Der gelernte Industriemechaniker hatte schon während seiner Ausbildung beim Stahlhersteller ArcelorMittal viel mit Werkstofftechnik zu tun. Für seine Leistung und die vielversprechenden Ergebnisse hat er von der FH Münster einen Hochschulpreis und von der Gesellschaft der Freunde der FH Münster (gdf) den mit 1.500 Euro dotierten Bernard-Rincklake-Preis gewonnen. Damit würdigt die Hochschule die beste Bachelorarbeit eines Jahrgangs.


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