Kein ruhiges Händchen, dafür viel Geduld

Bachelorabsolventin der FH Münster baut einen Demonstrationsspiegel für die Photonik-Forschung


Münster/Steinfurt (14. August 2019). Auf den ersten Blick könnte man meinen, da hat jemand eine Science-Fiction-Bienenwabe gebaut. Aber nein, das Modell, das durch das Labor für Photonik an der FH Münster strahlt, zeigt einen wichtigen Teil eines sogenannten adaptiven Spiegels. Adaptiv, weil dieser Spiegel seine Oberflächenform verändern kann – er wölbt sich zum Beispiel nach außen oder nach innen. Das gibt Ingenieuren und Wissenschaftlern die Möglichkeit, das Licht von Lasern oder astronomischen Teleskopen sehr präzise zu beeinflussen. Aber wie ist das möglich, dass dieser Spiegel sich gezielt verformen lässt?

„Genau das war die Aufgabe meiner Bachelorarbeit: das sogenannte unimorphe Spiegelprinzip an einem großen Modell zu verdeutlichen“, sagt Anna Hustedt. „Der Spiegel besteht nämlich aus zwei miteinander verklebten Schichten, bei denen sich die eine aktiv ausdehnt und die andere mitzieht.“

Das geht dank einer Schicht Piezokeramiken, die Hustedt einzeln hinten auf ihren Spiegel geklebt hat – und die für das Muster sorgen, das ein bisschen an Bienenwaben erinnert. „Wenn ich diese Keramiken unter Spannung setze, dehnen sie sich aus oder ziehen sich zusammen, und dadurch wird die Spiegelschicht gebogen“, erklärt die 24-Jährige. Dieses unimorphe Spiegelprinzip kommt auch bei den viel kleineren Spiegeln zum Tragen, die derzeit schon vielfach eingesetzt werden. Im großen Modell sieht man den Effekt aber am eigenen, verzerrten Gesicht, obwohl sich der Spiegel nur 0,15 Millimeter bewegt.

Um eine Spannung an die Piezokeramiken anzulegen, war ein besonderer Kleber nötig. „Ich stand hier wirklich sehr lange im Labor und habe Kleber mit Kohlenstoff gemischt, damit er leitfähig wird“, erzählt Hustedt. „Ich musste quasi die passende Rezeptur finden und dabei auf einen Kompromiss aus Leitfähigkeit und Streichfähigkeit achten.“

Auch die elektrischen Verbindungen hinter dem Spiegel hat sie selbst angebracht. Sehr dünne Kupferkabel, nur 50 Mikrometer dick, die sich ständig miteinander verknotet haben, musste sie anbringen. „Ich hab‘ kein ruhiges Händchen, aber ich habe Geduld“, sagt die Studentin lächelnd. Einen Vorteil verschaffte sie sich mit einer eingesetzten Plexiglasplatte, die etwas Abstand und Ordnung zwischen die einzelnen Kupferkabel brachte und es ihr ermöglichte, auch mit dickeren Drähten zu arbeiten. Diese hat sie mit einer Platine und der übrigen Elektronik verlötet.

Und dann waren da noch die vielen kleinen Blitze, die zwischen den Keramiken hin und her schossen, wenn der Spiegel unter Spannung stand. „Es gab keine sichere elektrische Verbindung zwischen Kupferlackdraht und Piezokeramik, so sind Stromüberschläge entstanden“, sagt Hustedt wissend. Auch hier musste sie wieder erfinderisch werden und löste ihr Problem mit winzigen leitfähigen Ringen, durch die sie die Kupferdrähte steckte – unterm Mikroskop natürlich, mit viel Fingerspitzengefühl. „Das Projekt hat mich definitiv darin bestärkt, dass ich Lust darauf habe, später im Labor zu stehen.“ Deshalb startet die Studentin im Wintersemester mit ihrem Photonik-Master.

Jetzt ist das Modell fertig – und zeigt Unternehmensvertretern, Studierenden und Schülern anschaulich, wie das unimorphe Spiegelprinzip funktioniert, das wesentlich ist für adaptive Spiegel, die im Labor bei Prof. Dr. Ulrich Wittrock auf dem Steinfurter Campus der FH Münster weiterentwickelt werden. Eine Idee für einen renommierten Standplatz gäbe es auch schon: direkt im Eingangsbereich des Optikzentrums, das auf dem Campus entstehen wird.


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