Feedback direkt vom Hof

Landwirte und Start-ups diskutieren Digitalisierungsideen im Projekt start.connect an der FH Münster


Münster/Steinfurt (13. Dezember 2019). Digitalisierung in der Landwirtschaft ist ein großes Ding. Aber welcher euphorische Gründer hat schon das ausdunstende Ammoniak aus der Schweinegülle auf dem Schirm, das das hochtechnologische Produkt angreift, das im Stall hängen soll? Oder die vielen Pilzerkrankungen, die es zum Beispiel beim Weinanbau oder anderen Sonderkulturen gibt? Selbst die beste Idee braucht den Dialog, um sie weiterzuentwickeln und letztendlich maßgeschneidert auf die Zielgruppe anzupassen. Und das ist jetzt an der FH Münster in Steinfurt passiert: Im Netzwerk-Projekt start.connect trafen sieben Landwirte der Region auf vier Start-ups und Jungunternehmer. Und diese Mischung hatte es in sich.

Manuel Sprehe von Corvitec stellte beispielsweise seinen Pig Counter vor: Kommen neue Ferkel auf den Hof, treiben die Landwirte sie durch einen Korridor in den Stall – Sprehes Kamerasystem erkennt sie einzeln und zählt sie vollautomatisch. „Das spart Verwaltungsarbeit, Zeit und Geld, und fegt die Fehler fort, die bei der manuellen Tierzählung geschehen“, sagte Sprehe. „Und die wirken sich wiederum auf die Dokumentation, Qualitätskontrolle und die Steuer aus.“ Schon ging die Diskussion los: Internetempfang sei in vielen Ställen eher mau, die Kamera, die die Ferkel erkennt, müsse transportabel sein, und funktioniere das überhaupt wirklich? Mit Bilderkennung im Gewächshaus hätten einige schon schlechte Erfahrungen gemacht. Aber viele sahen auch großes Potenzial, vor allem, weil Sprehes System auf dem Weg ist, einzelne Körperteile zu erkennen. „Wenn Ihre Software die Eber unter den Schweinen vollautomatisch an den Hoden erkennen würde, würde das bestimmt einen Drive auf den Schlachthöfen erleben“, sagte Landwirt Georg Freisfeld. Bislang müssen Menschen jedes Schwein einzeln als männlich oder weiblich klassifizieren, weil Eber anders abgerechnet werden.

In die Welt der Pflanzen nahm dann Tobias Kreklow von Haip-Solutions die Workshop-Teilnehmer mit. Dank einer Hyperspektralkamera unter einer Drohne verspricht er, Pflanzenkrankheiten erkennen zu können, bevor sie überhaupt ausgebrochen sind. „Wir detektieren die spektrale Signatur, finden sozusagen die Chemie der Pflanze heraus, und so spüren wir Pflanzenstress auf den Feldern auf – wie Unkräuter, Pilzbefall, trockene Böden, Stickstoffmangel.“ Die Landwirte überlegten dann gemeinsam: Wie lässt sich der Drohnenflug in den Betriebsablauf integrieren? Müssen die Mitarbeiter dafür geschult werden? Ist die Rolle des Wetters im Milieu schon berücksichtigt? Die Idee könnte sich rechnen, denn es komme wirklich auf jedes Kilo Ertrag an: Vor allem bei Kartoffeln und Zuckerrüben ginge es richtig ins Geld.

„Der Charme dieses Projekts ist einfach, dass wir ganz gezielt Personen und Betriebe, in diesem Fall eben Start-ups, Unternehmer und Landwirte, ansprechen und in einem Matching-Workshop zusammen an einen Tisch bringen“, erklärte Lisa Geringhoff, die start.connect leitet. „Start-ups stellen ihre Produkte vor und Landwirte geben Feedback, und auch die Landwirtschaftskammer ist mit dabei. Es geht ums Vernetzen und den gemeinsamen Austausch, und so entstehen auch neue strategische Partnerschaften.“

Zum Thema:
start.connect versteht sich als Plattform, die Unternehmern im Bereich Digitalisierung helfen will, indem sie sie mit Gründern, Start-ups und Ideengebern zusammenbringt, speziell im ländlichen Raum. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt des IPD an der FH Münster und der Wirtschaftsförderungen der Kreise Steinfurt und Coesfeld. Das Netzwerkprojekt wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft noch bis Sommer 2020.

 


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