Zeit für die Mobilitätswende

Fachpublikum tauschte sich beim Verkehrstag Münsterland aus


Münster (22. Januar 2020). Wer in Münster wohnt, fährt häufig Rad oder geht zu Fuß – zumindest in der Innenstadt. Ganz auf ein Auto verzichten möchten viele aber nicht: Täglich quälen sich dutzende Pkws über dicht befahrene Zufahrtsstraßen in die Stadt. 380.000 Pendlerfahrten sind es täglich, und Stau ist da vorprogrammiert. „Es wird Zeit für die Mobilitätswende“, sagte Prof. Dr. Birgit Hartz beim elften Verkehrstag Münsterland an der FH Münster. Wie die aussehen kann und welche Ideen und Projekte es gibt, darüber tauschten sich rund 130 Teilnehmer einen Tag lang aus. Organisiert hatte die Konferenz die Forschungsgruppe Verkehrswesen vom Fachbereich Bauingenieurwesen der Hochschule. Neben Hartz gehören Prof. Dr. Jeanette Klemmer und Prof. Dr. Hans-Hermann Weßelborg dazu.

„Mit welchen Verkehrsmitteln kommen Sie in 20 Jahren hierher?“, fragte Hartz und brachte damit manch einen zum Nachdenken. Denn klar ist: Die Städte sind schon jetzt zu voll, der viele Verkehr vernichtet die Stadtqualität, der Immobilienwert sinkt. Gleichzeitig lehnen viele Pendler aber zum Beispiel Busse ab, weil enge Taktzeiten fehlen, das Auto billiger ist, freie Sitzplätze Mangelware sind. Doch Elektromobilität und Autonomes Fahren seien keine Alternative, um den Verkehr zu reduzieren, sagte Prof. Dr. Martin Lühder. „Massenverkehrsprobleme löst man nur mit einem Massenverkehrsmittel“, so der Experte, der fast 30 Jahre an der FH Münster gelehrt hatte und den Hartz bei der Tagung aus der fachlichen Leitung des Bereichs Verkehrswesen verabschiedete. Ein Massenverkehrsmittel ist zum Beispiel ein Bus, genauer gesagt: ein Expressbus. Schon jetzt verbinden Schnellbusse Münster mit den umliegenden Regionen, und die Fahrachsen gehen spinnenförmig ins Umland. Zu den meist frequentierten Strecken zählt die zwischen Münster und Olfen: 3.000 Fahrgäste nutzen jeden Tag den Bus S 90. Und dieses Angebot soll der Expressbus MX 90 ergänzen. Er verzichtet auf Extraschleifen, die der S 90 fährt, und ist deshalb noch schneller am Zielort – sofern es keinen Stau gibt. „Wenn Busse im Stau stehen, ist das Geldverschwendung, es ist unattraktiv, ungerecht und umweltschädlich. Da müssen wir was tun“, so Lühder.

Etwas tun zu müssen, diese Ansicht teilt Reinhard Schulze, Prokurist und Leiter Nahverkehrsmanagement bei den Stadtwerken Münster. In seinem Vortrag stellte er die zehn größten Bausteine für die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs vor. Dazu zählen zum Beispiel eine regionale Tarifreform, Kleinbusse mit fünf bis acht Sitzplätzen in den Stadtteilen – ein sogenanntes On-Demand-Shuttlesystem – und Leezenboxen, um die Räder sicher abzustellen – nämlich „Bike and Ride“.

Wie sehr das Fahrradparken in Münster eine Herausforderung ist, erläuterte Masterstudentin Franziska Hettmer. „Die Förderung des Radverkehrs ist ein zentrales Thema der Verkehrswende, und dazu gehört auch das Fahrradparken“, sagte sie. Denn in der Masse werden die Räder zum Problem: Sie blockieren Flächen, die eigentlich Fußgängern vorbehalten sind, kaputte Leezen bleiben irgendwo abgestellt sich selbst überlassen, E-Bikes und Lastenfahrräder haben einen hohen Platzanspruch. In einem studentischen Projekt entwickelte Hettmer Lösungsansätze für ein ganzheitliches Fahrradparkraumkonzept. Dazu zählen zum Beispiel Fahrradparkhäuser und die Umnutzung von Pkw-Parkplätzen. „Auf einen solchen Platz passen fünf Anlehnhalter, also zehn Räder.“

„Time for change – Bausteine für innovative Mobilität“ – unter diesem Motto stand der Verkehrstag Münsterland. Ideen gibt es viele. „Aber wir dürfen nicht nur Bausteine entwickeln, sondern müssen sie auch umsetzen“, sagte Hartz. „Ich wünsche mir mehr Mut und Experimentierfreude!“


Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken