Wasserwerk im Miniaturformat

Neue Anlage im Technikum für Hydraulik und Stadthydrologie der FH Münster sorgt für noch mehr Praxisbezug im Studium


Münster/Steinfurt/Castrop-Rauxel/Bochum (18. März 2021). Dem globalen Thema Wasser zu mehr Bedeutung und Aufmerksamkeit zu verhelfen – das ist Ziel des Weltwassertags am 22. März. Dieses Jahr steht er unter dem Motto „Valuing Water“, übersetzt: „Wert des Grundwassers“. Wie wichtig Wasser für die Menschheit ist, betont Prof. Dr. Helmut Grüning unermüdlich. Der Hochschullehrer der FH Münster, der an der Ruhr-Universität Bochum studiert und promoviert hat und heute in Castrop-Rauxel wohnt, liefert seinen Studierenden anschauliche Beispiele aus den Bereichen der Wasserversorgung und der Stadtentwässerung: Im Technikum für Hydraulik und Stadthydrologie auf dem Steinfurter Campus stehen unter anderem ein riesiges halbtechnisches Modell eines Kanalnetzes und die „Augmented Reality Sand Box“, durch die Grüning den Oberflächenabfluss von Regenwasser modelliert. Jetzt ist eine weitere Anlage dazugekommen: ein Wasserwerk im Miniaturformat.

Doch im Gegensatz zu einem realen Wasserwerk, in dem man außer geschlossenen Behältern nicht viel von dem sieht, was im Inneren vor sich geht, sind in Steinfurt viele Prozesse sichtbar. „Es war ganz schön schwierig, die Anlage so anschaulich zu bauen“, sagt Mark Scheffler, der als wissenschaftliche Hilfskraft im Technikum beschäftigt ist. Der 27-Jährige hat fast drei Semester lang neben seinem Studium der Umwelttechnik daran gearbeitet. Einige Teile der Anlage hatte Grünings Vorgänger Prof. Dr. Christian Becke bereits konzipiert und gebaut. „Als ich dann das Lehrgebiet Wasserversorgung übernommen habe, wollte ich seine Idee aufgreifen und das kleine Wasserwerk tatsächlich in die Lehre integrieren“, so Grüning. Er beauftragte Scheffler mit der Neukonzeption und Erweiterung der bestehenden Komponenten, und dieser habe sehr eigenständig eine funktionsfähige Gesamtanlage gebaut.

Jedes Wasserwerk hat ein individuell abgestimmtes System für Rohwasser, das aus Oberflächenwasserkörpern oder dem Grundwasser entnommen wird. Für beides gelten unterschiedliche Anforderungen. Diese zu kennen, ist schon beim Bau des Wasserwerks wichtig – denn die Aufbereitungsschritte unterscheiden sich. „Häufig wird reduziertes Grundwasser gefördert. Dieses hat wenig Sauerstoff und enthält gelöstes Eisen und Mangan aus dem Gestein“, erklärt Grüning. Ein Absturzbauwerk mit mehreren Elementen – in der Fachsprache Kaskade genannt – sorgt dafür, dass Sauerstoff eingetragen wird, um anschließend ungelöste Inhaltsstoffe in Quarzsandfiltern entfernen zu können. „Das Wasser plätschert über die einzelnen Stufen und wird dadurch belüftet. Es reichert sich also Sauerstoff an und Eisen sowie Mangan fällt aus“, erklärt Scheffler.

Genauso eine Kaskade hat er im kleinen Format nachgebaut. „Wir arbeiten jedoch im Praktikum häufig mit Trinkwasser und nicht mit Grundwasser“, so der Masterstudent. Vor dem Technikum gebe es jedoch einen FH-eigenen Brunnen, der viele Jahre stillgelegt war. „Den würden wir gern wieder aktivieren, um daraus Wasser in die Anlage zu leiten“, so Scheffler. In das Wasserwerk im halbtechnischen Maßstab lassen sich außerdem ganz gezielt Stoffe einbringen, zum Beispiel Eisen oder Farbstoffe. Diese werden im weiteren Verlauf entfernt, und die Studierenden lernen, wie genau das funktioniert: In einem Extra-Reinigungsschritt kann zusätzlich Ozon eingeperlt werden, um bestimmte Wasserinhaltsstoffe zu oxidieren. Diese Inhaltsstoffe entfernt anschließend ein Aktivkohlefilter, und auch dieser Prozess ist sichtbar. „Wenn Wasser beispielsweise geruchs- und geschmacksbeeinträchtigende Stoffe oder Farbstoffe enthält, nutzen auch Wasserwerke dieses Verfahren“, sagt der 53-jährige Wasserwirtschaftsexperte. Bevor das Wasser die Anlage verlässt, werden mögliche Krankheitserreger in der UV-Entkeimung inaktiviert.

Die Anlage ist halbautomatisch und lässt sich durch eine Steuereinrichtung betätigen, genau wie in einem großen Wasserwerk. Möglich wurde das dank tatkräftiger Unterstützung von Prof. Dr. Martin Höttecke und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Florian Segger vom Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt (EGU). Einzelne Filter lassen sich aber auch manuell zu- oder abschalten. Über Probeentnahmestellen können die Studierenden im Praktikum Wasser entnehmen und anschließend analysieren. Noch ist das aber nicht passiert. „Ich hoffe, dass ich die Anlage im kommenden Sommersemester zu Praktikumszwecken einweihen darf“, sagt Grüning angesichts der Pandemie. Mit der Anlage wäre es möglich, den Trinkwasserbedarf aller Beschäftigten der FH Münster zu decken, erläutert der Hochschullehrer.

Damit sind im Technikum alle wesentlichen Systeme der Wasserversorgung und Stadtentwässerung im Miniaturformat vorhanden. In der Hochschullandschaft sei dies sicher ein besonderes Angebot, das die FH Münster auszeichne, so Grüning.


Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken