Wie erleben Menschen in schwierigen Lebenslagen die Corona-Pandemie?

Professorin der FH Münster initiiert Blog über die Erfahrungen von Adressat*innen Sozialer Arbeit


Münster (31. März 2021). Freunde und Familie nicht wie gewohnt treffen zu können, geschlossene Kultur- und Freizeitangebote, fehlende Gesprächspartner*innen: Die Reglementierungen der Corona-Krise schränken den Alltag für alle sehr stark ein. Wie aber wirkt sich die Pandemie auf Menschen in mitunter schwierigen Lebenslagen aus, die mit Sozialer Arbeit in Kontakt sind? Dies beleuchtet der Blog „Corona-Alltage“, den Prof. Dr. Kathrin Aghamiri vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster gemeinsam mit zwei Kolleginnen anderer Hochschulen und Studierenden unter dem Link www.coronaalltage.de ins Leben gerufen hat.

„Wir möchten die Perspektiven von Adressat*innen Sozialer Arbeit sichtbar machen“, erklärt die Pädagogin. „Zu lesen gibt es lustige, traurige, erstaunliche und manchmal auch skurrile Geschichten des alltäglichen Lebens.“ Die Idee zu dem Blog sei ihr gegen Ende des ersten Lockdowns während eines Praxisbegleitseminars gekommen, erzählt die Wissenschaftlerin. Die von ihr betreuten Studierenden berichteten von völlig unterschiedlichen Erfahrungen in ihren Praktikumsstellen: „Manche Einrichtungen hatten ganz zugemacht und etwa die Opfer von sexueller Gewalt einfach nach Hause geschickt. Andere dagegen, wie zum Beispiel die Betreuer*innen von Menschen mit einer Sozialphobie, erlebten durch die Corona-Vorgaben sogar mehr Flexibilität. Plötzlich durften sie für ihre Klient*innen einkaufen gehen – das ist normalerweise ein absolutes No-Go.“

Um mehr über die Erfahrungen von Adressat*innen Sozialer Arbeit in der Corona-Pandemie herauszufinden, beschloss Aghamiri, ein Lehr-Lernforschungsprojekt zu diesem Thema aufzusetzen. Sie holte zwei befreundete Professorinnen mit ins Boot: Prof. Dr. Rebekka Streck von der evangelischen Hochschule Berlin und Prof. Dr. Ursula Unterkofler von der katholischen Stiftungshochschule München. Alle drei führten Projekte durch, in denen die Studierenden von Sozialarbeiter*innen betreute Menschen interviewten, Beobachtungsprotokolle erstellten oder ethnografische Praxisprotokolle anfertigten. Aus den Ergebnissen sind die Beiträge für den Blog entstanden. „Wir haben ziemlich viel Material, denn die Leute waren meist froh, erzählen zu können, wie es ihnen geht“, so die Hochschullehrerin. „Nun hoffen wir, dass ihre Geschichten von einer möglichst breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden.“ Denn nur, wenn Betroffenen Gehör verschafft werde, sei es möglich, auch auf politischer Ebene Veränderungen für die Bedingungen Sozialer Arbeit zu bewirken.

Für die Erstellung des Blogs hat Aghamiri eine wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt und zur Illustration der einzelnen Erlebniskategorien − zu Hause, im öffentlichen Raum, bei der Arbeit, in der Schule, an Orten sozialer Infrastruktur – eine Designerin beauftragt. Die Mittel dafür stammten vom Bologna-Preis für herausragende Lehre, mit dem Aghamiri 2019 von der FH Münster ausgezeichnet worden war.


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