Zwischen Wahren und Wandel

Annika Reinhold zeigt in ihrer Masterarbeit das Potenzial von Architektur auf dem Land


Münster (29. Juni 2021). „Es gibt ländliche Räume, die veröden und sich unseres Blickes entziehen – und dies zu Unrecht.“ So fasste Annika Reinhold ihre Recherchen und persönlichen Beobachtungen zusammen, bevor sie sich in ihrer Masterarbeit mit dem „Transformationsraum Land“ befasst hat. In der Abschlussarbeit am Fachbereich Architektur der FH Münster, der Münster School of Architecture (MSA), entwickelte sie Ideen, wie ländliche Räume reaktiviert werden können. Dafür hat sie sich in Brandenburg die Gemeinde Höhenland im Landkreis Märkisch-Oderland genauer angeschaut.

In der fast 300 Seiten umfassenden Masterarbeit beschreibt sie aktuelle Entwicklungen auf dem Land und das Verhältnis von gebauten und gewachsenen Strukturen. „In vielen ländlichen Gemeinden wächst die Zahl an leerstehenden Gebäuden“, beschreibt Reinhold die Situation. „Darin schlummert aber oft eine große Chance: Neben dem Vorteil des ressourcenschonenden Bauens bieten sich hier identitätsstiftende Anker, an denen die Geschichte des Ortes weitergeschrieben werden kann. Diese wandelt sich, so wie sich die Identität ländlicher Räume ganz allgemein wandelt. Sie bewegen sich zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen den Phänomenen der Landflucht und Landlust und sind Orte gesellschaftlich relevanter Entwicklungen und Problemstellungen.“ Die Absolventin wünscht sich, dass Architekt*innen ihr Potenzial besser nutzen, um dazu beizutragen, dass Landgemeinden wieder wachsen, junge Menschen bleiben und die infrastrukturelle Versorgung besser wird. Da auch das Interesse von Städter*innen für das Ländliche, der Wunsch nach Ruhe, Naturnähe und bezahlbarem Wohnraum groß ist, sollten sich Architekt*innen auch in die Pflicht nehmen lassen, dass sich die Neuhinzugezogenen mit ihrem Ort identifizieren können.

Wie dies gelingen kann, zeigt sie in ihrem praktischen Teil der Masterthesis mit dem Entwurf für den Umbau der Hofanlange Wölsickendorf. Darin gibt sie beispielhaft eine Antwort auf die Frage, wie Architektur dazu beitragen kann, Bewahrenswertes zu erhalten und Identitätsstiftendes zu entwickeln. Ginge es nach ihr, so würde der Gutshof aus Ställen, Herrenhaus, Brennerei, Schuppen und Park so aussehen, dass dort Wohnen, Lernen, Arbeiten und Freizeit auf experimentelle Weise miteinander verknüpft werden. Der Hof würde in eine neue Nutzung überführt, eine Art „Kompetenzzentrum für kreislaufbasiertes Wirtschaften mit dem Schwerpunkt Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -verköstigung“, so Reinhold. Durch die Mischung von Seminar-, Werk- und Veranstaltungsräumen, Gemeinschaftsgärten und unterschiedlichen Wohnungstypen sollen unterschiedliche Menschen angesprochen werden, sodass eine neue Hofgemeinschaft mit dem Dorf zusammenwachsen kann.“ Gefragt seien hier, so die 28-Jährige, Kreativität, Eigeninitiative und Verantwortung.

Für die Masterarbeit ist Reinhold, die im Büro heimspiel Architekten in Münster arbeitet, mit dem Hochschulpreis der FH Münster ausgezeichnet worden.

Zum Thema:
Gerade einmal ein Prozent aller Absolventinnen und Absolventen eines Jahrgangs erhält ihn: den Hochschulpreis. Jedes Jahr kürt das Präsidium gemeinsam mit der Gesellschaft der Freunde der FH Münster e. V. (gdf) auf Vorschlag der Fachbereiche die besten Abschlussarbeiten. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern des Hochschulpreises 2021 für die besten Arbeiten aus dem Jahr 2020 gehört auch Annika Reinhold von der MSA. Erstprüferin war Prof. Kirsten Schemel. Eine vollständige Übersicht aller gewürdigten Absolventinnen und Absolventen ist im Jahresbericht 2020 ab Seite 54 abrufbar: fhms.eu/jahresbericht-20.


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