Migrationsfamilien mit chronisch kranken Kindern brauchen andere Hilfen

Katja Daugardt von der FH Münster widmet sich in ihrer Promotion einem bisher wenig untersuchten Thema


Münster (2. August 2022). Die Datenlage sei schlecht, so begann Katja Daugardt den Einblick in die Arbeit an ihrer Promotion. Die Gelegenheit, darüber zu berichten, hatte die Lehrkraft für besondere Aufgaben am Fachbereich Gesundheit der FH Münster beim Promovierenden-Fachtag. Sie ging im Rahmen einer internationalen Literaturstudie zu „Familien mit einem chronisch kranken Kind oder Jugendlichen im Prozess der Migration“ der Frage nach, wie diese Familien die Situation erleben und wie sie diese bewältigen – im Unterschied zu Familien ohne Migration. Dabei konnte sie drei migrationsspezifische Aspekte herausarbeiten: Sprache, Wissensdefizite und kulturelle Einflüsse.

„Feststeht: Die chronisch kranken Kinder bekommen die volle Aufmerksamkeit, vor allem die Mütter übernehmen die Pflege. Schwer ist es für Familien, an gebündelte Informationen zu gelangen, egal ob mit oder ohne Migration“, erzählte die gelernte Krankenschwester, Diplom-Berufspädagogin und Masterabsolventin der Pflegewissenschaft. „Ebenfalls auf beide trifft zu, dass die Familie eine große Quelle der Unterstützung ist – allerdings bei den Migrationsfamilien auch die Hilfe aus dem Herkunftsland.“

Unterschiede ergeben sich in erster Linie aus der Sprache. Sie ist für Familien mit einer Migrationsgeschichte oft eine große Barriere: um finanzielle Leistungen zu beantragen, aber auch, weil sie zu schwerwiegenden Missverständnissen führen kann – wenn es um die Fachbegriffe für Symptomatik, Diagnostik und Therapie geht. Dazu kommt eine fehlende Kenntnis über die Möglichkeiten für das Kind – die Grundversorgung sei in den Herkunftsländern nicht mit denen der untersuchten Länder, wie beispielsweise Kanada, USA, Dänemark oder Italien zu vergleichen.

Der dritte Punkt betrifft die kulturellen Einflüsse, die sich auswirken können: Die Krankheit wird manchmal verheimlicht, sie sei schicksalsbedingt, gottgewollt oder sei die Konsequenz für ein schlechtes Karma. Und ein hierarchisches Denken diktiert oftmals, wessen Ratschläge im Kontext der Gesundheit zu befolgen seien.

„Die Literatur spiegelt immer die Perspektive der Eltern wider, meistens sind nur Mütter befragt worden, Kinder allenfalls, als sie erwachsen waren. Nie war es der Blickwinkel der Familie, der Geschwisterkinder, des erkrankten Kindes oder Jugendlichen“, bemängelt Daugardt die übliche Herangehensweise der internationalen Forschungsergebnisse zu dieser Thematik. Das macht sie in ihrem Forschungsprojekt anders. Die Pflegewissenschaftlerin geht in die Familien und führt Interviews mit einzelnen Familienmitgliedern der Kernfamilie: Sie lässt Väter, Mütter, Geschwisterkinder und die chronisch kranken Kinder selbst zu Wort kommen. Gehören, laut den Familien, Großeltern und Tanten/Onkel auch zur Kernfamilie, haben sie ebenso die Gelegenheit mit Daugardt zu sprechen.

Pflegewissenschaftliche Erkenntnisse und das Thema Migration spielen auch in Daugardts Lehrveranstaltungen an der FH Münster eine Rolle. Mit den Ausführungen auf dem Fachtag gab sie einen Einblick in eine der Facetten von Forschung, mit denen sich Mitarbeiter*innen am Fachbereich Gesundheit beschäftigen. Sie zu präsentieren, sei eines der Ziele des Fachtages, so Prof. Dr. Susanne Kreutzer, Mitglied der wissenschaftlichen Kommission des Promotionskollegs der FH Münster und somit auch Ansprechpartnerin für die Doktorand*innen. „Zudem dient die Veranstaltung dem Austausch der Promovierenden untereinander. Und Studierende, die sich für eine Promotion interessieren, erfahren mehr über die Förderung durch die Hochschule, aber auch Neues über die Akademisierung in den Bereichen von Pflege und Gesundheit“, so die Hochschullehrerin für Ethik, Wissenschaftstheorie und Geschichte am Fachbereich Gesundheit.

Zum Thema:
Katja Daugardt
promoviert an der Universität Witten/Herdecke im Forschungskolleg „FamiLe-Familiengesundheit im Lebensverlauf“, welches durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre gefördert wurde. Betreut wird sie von Prof. Dr. Sabine Metzing der Universität Witten/Herdecke und Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Büscher von der Hochschule Osnabrück. Die weiteren Präsentationen auf dem Promovierenden-Fachtag des Fachbereichs Gesundheit der FH Münster: Marco Noelle zu sozialer Ungleichheit in der häuslichen Versorgung pflegebedürftiger Menschen aus der Perspektive von Pflegefachkräften, Cornelia Jeremias-Pölking zur Methode des „Lauten Denkens“ im Kontext von Grounded Theory Methodology, Ailina Claaßen zur Berufseinstiegsphase akademisierter Pflegefachkräfte in Deutschland, Daniela Schlosser zur Praxisanleitung, Jette Lange zum Pflegeprozess als Strategie für eine Professionalisierung in der Pflege. Das Promotionskolleg an der FH Münster bietet Qualifizierungsmaßnahmen, die insbesondere für einen nachfolgenden Karriereweg in Wirtschaft und Wissenschaft befähigen sollen. Alle Infos dazu gibt es unter fhms.de/promotionskolleg.


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