Aus dem Labor in die Industrie

Auftragsforschung an der FH Münster: Fachbereich Chemieingenieurwesen entwickelt im Technikum Produktionsprozesse für Unternehmen


Münster/Steinfurt (9. März 2023). Praxisbezogen und berufsorientiert: Das Studium und die Lehre sind an der FH Münster stark anwendungsbezogen. Am Fachbereich Chemieingenieurwesen etwa verbringen Studierende ein Drittel ihrer Zeit in Laboren. Forschungsarbeit gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Doch wie kommen die Ergebnisse aus den Laboren in die Wirtschaft? Sie nehmen zum Beispiel den Weg über ein sogenanntes Technikum. Dabei beauftragen Unternehmen die Professor*innen damit, neue Herstellungsverfahren oder Produktionsanlagen zu entwickeln.

„Bei einem Technikum handelt es sich um einen Zwischenschritt vom Labor in die Industrie. Es ist größer als ein Labor, aber noch nicht so groß wie eine Produktionsanlage“, erläutert Verfahrenstechniker Prof. Dr.-Ing. Joachim Guderian. „Ein Unternehmen beauftragt uns damit, ein bestimmtes Produktionsverfahren mit neuen Materialien zu entwickeln. Beispielweise sollen Erdöl oder Erdgas durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Im Labor entwickeln wir Rezepturen und konzipieren entsprechende Anlagen, in denen die Rohstoffe umgewandelt werden, um das gewünschte Endprodukt zu erhalten.“ Im Technikum erreichen die Ingenieur*innen dann einen größeren Maßstab. Hier überprüfen sie, welche Anpassungen in der Rezeptur oder der Einstellung von Maschinen notwendig sind, um im großen Stil zu produzieren.

Prof. Dr.-Ing. Volkmar Jordan, der ebenfalls in Kooperation mit Industrieunternehmen an verschiedenen Verfahrensentwicklungen arbeitet, erläutert die Anpassung der Ergebnisse an einen größeren Maßstab: „Das Hochskalieren, wie der Vorgang auch genannt wird, ist nicht so einfach, wie es scheinen mag. Mengen oder die Größe von Gefäßen einfach nur verdoppeln, verdrei- oder verzehnfachen – so funktioniert das nicht.“ Beispielsweise ändere sich bei größeren Anlagen das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen und somit die Anforderungen an die Wärmeübertragung über die Außenwand einer Anlage. Diese Faktoren müssen die Wissenschaftler*innen bei ihrer Arbeit berücksichtigen.

Für die anschließende Arbeit im Technikum passen die Forscher*innen nochmals ihre Rezepturen aus dem Labor an, wählen Maschinen aus, testen Einstellungen und geben schließlich Empfehlungen für die Handhabung. Im sogenannten Standard Operation Procedure (SOP) vermerken die Entwickler*innen alle relevanten Daten, sodass Dritte an diesen Anlagen arbeiten können. „Es kann zum Beispiel sein, dass ein Ausgangsstoff mit einer bestimmten Geschwindigkeit gerührt werden muss, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten“, so Guderian. „Fast könnte man sagen, dass ein SOP eine Mischung aus Kochrezept und Bedienungsanleitung ist“, vereinfacht der erfahrene Ingenieur.

Bei der Entwicklung von Produktionsverfahren in den Technika an der FH Münster unterstützen regelmäßig Studierende im Rahmen einer Projektarbeit die Professor*innen. Insgesamt kann die Entwicklung durchaus zwei bis drei Jahre dauern. Manchmal darf ein Technikum auf Reisen gehen, nämlich dann, wenn das Unternehmen die Technikumsanlage übernimmt, um weitere Forschungen darin eigenständig vorzunehmen. Oder sie dienen als Vorlage für die Errichtung von Produktionsanlagen. Auch hierbei ist ingenieurwissenschaftliches Know-how gefragt. „Wenn die Industrieanlage fertig ist, braucht es trotzdem noch Anpassungen“, fasst Jordan zusammen. „Chemieingenieurinnen und -ingenieure können in jedem Maßstab arbeiten, denn sie kennen sich ebenso mit winzig kleinen Bausteinen wie Nanopartikeln wie mit großen Produktionsanlagen aus.“


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