Abbildung der verschiedenen Arten von Exoskeletten
Abbildung 1: Arten von Exoskeletten

Warum wird der Einsatz von Exoskeletten vor allem in Produktion und Logistik immer wichtiger?
Durch die physische Entlastung der Arbeitnehmer können Muskel-Skelett-Erkrankungen vorgebeugt werden. Auch im Hinblick auf den demographischen Wandel kann durch den Einsatz von Exoskeletten das Ungleichgewicht zwischen der Arbeitskräftenachfrage und einer älter werdenden Bevölkerung gemindert werden.

Wie funktionieren Exoskelette?
Die Funktionsweise verschiedener Arten von Exoskeletten unterscheidet sich anhand des Einsatzes verschiedener Wirkungsmechanismen. Es lassen sich passive, aktive und hybride Exoskelette differenzieren.

Was sind passive Exoskelette?
Bei passiven Exoskeletten werden beispielsweise Federn, Dämpfer oder Seilzugsysteme verwendet, um die Energie, welche durch eine menschliche Bewegung entsteht, zu speichern.  Je nach Bedarf wird diese Energie in einem Gewichtsumverteilungssystem zur Unterstützung während einer Haltung oder in einem Bewegungsvorgang eingesetzt. Beugt sich beispielsweise ein Arbeitnehmer nach vorne, so unterstützen ihn die mechanischen Komponenten dabei, diese Position beizubehalten oder den Körper beim Anheben eines Gegenstandes wiederaufzurichten. Passive Exoskelette mit einem durchschnittlichen Eigengewicht von zwei bis neun Kilogramm werden dabei vorwiegend für niedrige Stütz- beziehungsweise Kompensationskräfte von bislang zehn Kilogramm angewendet. In der Praxis sind passive Exoskelette der am weitesten verbreitete Typ.

Was sind aktive Exoskelette?
Eine dynamischere Kräfteentwicklung erfolgt bei aktiven Exoskeletten durch die Steuerung von spezifischen Kraft- beziehungsweise Drucksensoren. Diese Sensoren sind an den Fußsohlen oder am Rücken des Exoskeletts angebracht, erkennen die Bewegungen eines Exoskeletts Nutzers über die physiologischen Impulse des Körpers und messen die Belastung durch die Änderungen des elektrischen Aktionspotenzials. Das elektrische Aktionspotenzial trifft etwa 50 Millisekunden vor der Kontrahierung des Muskels auf. Die Informationen der Sensoren werden an einen Controller gesendet. Dieser analysiert die Impulse und koordiniert den jeweiligen Antrieb, der das Exoskelett mobilisiert. Grundsätzlich kann ein aktives Exoskelett aus einem oder mehreren Antrieben bestehen, wobei im Wesentlichen zwischen Elektromotoren, Hydraulikmotoren oder pneumatischen Muskeln unterschieden wird. Tätigkeiten können somit mit bis zu 80 Prozent geringerem Muskeleinsatz durchgeführt werden.

Was sind hybride Exoskelette?
Passive und aktive Exoskelettarten sind ebenso als hybrid umsetzbar. Dies ist eine Technik, bei der elektrische Steuerimpulse, beispielsweise verursacht durch Gehirnströme, an das Exoskelett übermittelt werden und somit eine künstliche Bewegung erzeugen.

In welchen Bereichen werden Exoskelette angewendet?
Das Anwendungsgebiet von Exoskeletten ist breit gefächert und findet seinen Ursprung im militärischen Einsatz sowie in der medizinischen Rehabilitation. Während im militärischen Anwendungsgebiet Exoskelette dazu dienen, die Leistung und Ausdauer der Soldaten zu erhöhen, sollen sie im rehabilitativen Bereich bewegungseingeschränkte Menschen unterstützen.

Ferner stellen gewerbliche Arbeitsplätze ein weit verbreitetes Anwendungsgebiet dar. Einsatzmöglichkeiten dieser Assistenzsysteme ergeben sich bei Arbeitsabläufen, bei denen schwere Lasten manuell bewegt werden und technische Einsatzmittel, wie zum Beispiel Gabelstapler oder Krane, aufgrund der nicht stationären Beschaffung des Arbeitsplatzes nicht zum Einsatz kommen können. Darüber hinaus finden Exoskelette an stationären Arbeitsplätzen Anwendung, an denen Tätigkeiten in Zwangshaltungen verrichtet werden müssen, wie zum Beispiel in Kopfüber-Positionen bei Montagetätigkeiten in der Produktion.

Anwendungsbeispiele von Exoskeletten
Abbildung 2: Anwendungsbeispiele von Exoskeletten

Praxisbeispiel

Das schwedische Möbeldiscountunternehmen IKEA testete ein aktives Exoskelett im Lager. Durch das Tragen des Exoskeletts sollen die Mitarbeitenden beim Heben schwerer Lasten unterstützt und Arbeitsabläufe mit einer mangelhaften Körperhaltung verbessert werden. Es bedarf hierbei aber noch weitreichenderer Studien, um den tatsächlichen Nutzen nachweisen zu können und die Exoskelette weiter an den Mitarbeitenden zu konfigurieren.


Ein Automobilhersteller hat außerdem ein Pilotprojekt in der Montage mit dem sogenannten Chairless Chair durchgeführt. Dieses passive Exoskelett fungiert wie ein zweites Paar Beine und wird an der Rückseite der Beine getragen. Während des Tragens kann zwischen Gehen, Stehen und Sitzen gewechselt werden. Durch den Einsatz dieses Exoskeletts kann beim Beugen oder Sitzen eine Entlastung für den unteren Rücken, das Gesäß und die Oberschenkel des Trägers sichergestellt werden.

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