Die Beine der Schildkröte stehen für vier Fragen zum Prozess: "mit wem", "mit was", "wie" und "wie viel". Kopf und Schwanz stehen für den Input ("was geht ein") bzw. den Output ("was kommt heraus"). Der Panzer trägt den Namen des Prozesses sowie in der Regel auch den des Prozesseigners.​
​Der Einsatz von Turtle-Diagrammen hat zum Ziel, auf einen Blick Transparenz über Einzelprozesse zu erhalten. Nebeneinander gelegt können so aber auch übersichtlich ganze Prozessketten und ihre Zusammenhänge verdeutlicht werden. So lassen sich strukturelle Verbesserungspotenziale entdecken.

Hintergrund

Das Modell bzw. die damit verbundene Methode wurde von Russ Hopkins entwickelt, ehemals Strategy and Business Engineer bei Ford. Das Diagramm ist Bestandteil der Norm ISO/TS 16949:2002 (S. 185) geworden und in diesem Zuge zur verbindlichen Prozessnotation in verschiedenen Branchen (Automotive, Luftfahrt, Lebensmittel). Auch für den Einsatz im Rahmen der Zertifizierung gemäß ISO 9001:2015 (Kapitel 4.4) eignet sich die Darstellung. 

Wie wird ein Turtle-Diagramm erstellt?​
Idealerweise erfolgt die Erstellung eines Turtle-Diagramms in einem Workshop. Hierzu werden typischerweise alle Prozessbeteiligten, bzw. bei komplexen Abläufen benannte Rollenvertreter*innen eingeladen. Es wird ein*e Moderator*in benannt. Häufig ist das der*die Prozesseigner*in. Auf einem Poster werden die sieben Fragenbereiche als freie Flächen abgetragen. Dazu kann eine Vorlage genutzt werden. Solche finden sich im Internet. Schrittweise werden die Felder ausgefüllt.

  • "Wie heißt der Prozess?" (Panzer): Der Prozessname sollte selbstsprechend und im Kontext der Unternehmenssprache für alle Mitarbeitenden verständlich sein. Statt alleine ein Substantiv zu wählen, bietet es sich an, das Objekt mit der Verlaufsform eines Verbs zu beschreiben, z.B. "Urlaubsantrag genehmigen" statt "Genehmigung Urlaubsantrag" oder "Urlaubsantragsgenehmigung". In diesem Zuge kann auch der Name des*der Prozesseigner*in ergänzt werden.​
  • "Was wird dem Prozess geliefert, was geht ein?" (Kopf): Es wird festgelegt, welche Informationen von wem in welcher Qualität erforderlich sind, um den Prozess erfolgreich durchzuführen. Einschließlich der Kundenanforderungen. Bei einem materialwirtschaftlichen oder Produktionsprozess werden hier außerdem die Repetierfaktoren (Werkstoffe) angegeben, die durch einen Lieferanten zur Verfügung gestellt werden sollen.​
  • "Mit wem wird der Prozess durchgeführt?" (Bein): Hier geht es um die Personen, die die erforderlichen Aufgaben im Prozess erledigen. Sie werden in der Regel als Rollen ausgedrückt.​
  • "Mit was wird der Prozess durchgeführt?" (Bein): In der Regel werden Ressourcen benötigt, um einen Prozess auszuführen: IT, Ausrüstung, Maschinen, Werkzeuge etc. Sie werden hier aufgeführt.​
  • "Wie wird der Prozess durchgeführt?" (Bein): Hier stehen Methoden und Instrumente, Anweisungen und Verfahrensweisen im Vordergrund (vgl. Toolbased Management). ​
  • "Wie wird der Prozess gesteuert?" (Bein): Unter diesem Punkt werden die Leistungsindikatoren aufgeführt, mit denen der Prozess gemessen wird. Es kann sich um quantitative wie qualitative Kennzahlen handeln, die in der Regel mit dem Zielsystem des Unternehmens in Verbindung stehen (vgl. beispielsweise  Balanced Scorecard). Die Indikatoren werden aber nicht nur zur Überwachung und kurzfristigen Steuerung verwendet, sondern auch im Zuge von Initiativen zur Verbesserung herangezogen.​
  • "Was kommt aus dem Prozess heraus, was liefert er?" (Schwanz): Hier wird das erwartete Ergebnis des Prozesses aufgeführt, z.B. das Produkt, die Information, aber auch der Status des Prozesssystems (z.B. "abgeschlossen") oder des*der Kund*in (z.B. "zufrieden").​

Somit ist der betrachtete Prozess stichwortartig zusammengefasst und gibt den Modellnutzer*innen einen guten, verständlichen und übersichtlichen Überblick.​

Wo wird das Turtle-Diagramm eingesetzt?​
Der so dargestellt Prozess dient zum einen der Schaffung von Transparenz. Das Modell gibt Orientierung und dokumentiert eine Standardverfahrensweise.​
Das Turtle-Modell wird aber auch eingesetzt, um Prozesse und vor allem ihre Schnittstellen zu analysieren. Durch den abstrakten Blick, der sich aus der Reduktion der Realwelt auf die kritischen Erfolgsfaktoren ergibt, kann interdisziplinär diskutiert werden. Auf dieser Grundlage können wertvolle Erkenntnisse über Schwachstellen und Risiken gewonnen werden. Sie sind die Basis für die Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung (vgl. beispielsweise Kontinuierliche Prozessverbesserung, Business Process Reengineering usw.).​

Beispiel eines Turtle-Diagramms
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken