
Es sind bewegte Zeiten, in denen wir uns befinden. Der Ukrainekrieg, der Klimawandel oder die Corona-Pandemie - allesamt Ereignisse, die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft auf die Probe stellten, konstatierte Schnabel zu Beginn seines Vortrags im Hörsaal A004 des Fachhochschulzentrums der FH Münster. Die Frage nach dem Gemeinsinn sei deshalb in der heutigen Zeit eine ganz entscheidende, erklärte er den rund 100 Zuhörer*innen, die die Veranstaltung vor Ort und per Livestream vor den heimischen Bildschirmen verfolgten.
Für den Bestsellerautor Schnabel war die aktuelle Situation Anlass, sich dem Thema in seinem neuen Buch "Zusammen. Wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen bewältigen" zu widmen. Was er unter Gemeinsinn verstehe? "Der Gemeinsinn, den ich meine ist, ist einer der den Individualismus schätzt und trotzdem das Gemeinsame der Menschen nicht aus dem Blick verliert. Denn wir sind zwar Individuen, aber wir sind Gemeinschaftsindividuen", so der Autor. Ein Beispiel dafür bemühte er aus der Natur: Mammutbäume. Die Wurzeln der riesigen Gewächse gehen nur einen Meter in die Tiefe. Damit die Flachwurzler dennoch fest im Boden verankert stehen, wenden sie einen Trick an: "Unter der Erde strecken sie ihre Wurzeln aus, bis sie die Wurzeln der benachbarten Bäume erreichen - und stützen sich so gegenseitig", erklärt Schnabel.

Im Verlauf des Vortrags erörterte der Autor weitere Aspekte, die unsere Fähigkeit und den Erfolg von Gemeinsinn verdeutlichten. So verfüge die menschliche Spezies über einen ungewöhnlich starken Zusammenhalt. "Zusammensein ist für uns lebensnotwendig. Ohne sozialen Kontakt verkümmern wir", sagt Schnabel. Das unterscheide den Menschen zum Beispiel von Affen. So seien die Primaten theoretisch zwar in der Lage zu kochen, scheiterten jedoch an ihrem schwach ausgeprägten Sozialsinn: In der Horde wetteiferten alle um Futter. Würde ein Affe zu kochen versuchen, wäre ihm das Essen schon geklaut, bevor es gar ist. Ein weiterer Aspekt, der zeigt, wie wir den Gemeinsinn in Krisenzeiten nutzen können: "Wir orientieren uns permanent an dem Verhalten, das wir um uns herum sehen." Menschen ließen sich am ehesten davon überzeugen, Energie zu sparen, wenn auch die Nachbarn es tun. "Der soziale Faktor ist der größte Anreiz - auch wenn wir selbst vielleicht davon überzeugt sind, dass es eine individuelle Entscheidung war", erläutert Schnabel.
Zu guter Letzt bot der Autor dem interessierten Publikum noch die Möglichkeit, im Saal und bei einem abschließendem Umtrunk Fragen zu stellen. Die Zuhörer*innen machten von dieser Gelegenheit ausführlich Gebrauch. "Ein gelungener Abschluss", fand auch Prof. Dr. Wieland Appelfeller, der den Referenten an die MSB eingeladen hatte.
