Frau schaut in Kamera
Anne-Kathrin Kuhlemann hat bis 2003 im European Business Programme an der FH Münster studiert.(Foto: privat)

1. Was machen Sie heute beruflich und wie ist es dazu gekommen?

Ich bin Mitgründerin einer kleinen Unternehmensgruppe, die unterschiedliche Firmen rund um "kompromisslose" Nachhaltigkeit betreibt. Dazu gehört mein persönliches "Steckenpferd", die StadtFarm in Berlin, die - weltweit einmalig - Fisch und Gemüse im geschlossenen Kreislauf, also ohne Abwasser, züchtet. Aber auch das Unternehmen "AgroSolar Europe", das Landwirtschaft unter sieben Meter hohen Photovoltaikanlagen ermöglicht und so signifikant zur Energiewende in Deutschland beiträgt. Wir haben Robotik oder nachwachsende Baumaterialien genauso im Portfolio wie die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen - und natürlich einen Beratungszweig, der für Kunden "Zero Emissions"-Pilotprojekte entwickelt und umsetzt. Wie es dazu kam? In der heutigen Zeit etwas "Konventionelles" zu tun, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, schon in den 80ern haben wir zum Beispiel in der Grundschule Geld für den Regenwald gesammelt, dabei war im Verhältnis zu heute noch Vieles "in Ordnung". Da ich mit meiner Ungeduld und hohen Risikobereitschaft nicht der Typ bin, der in Konzernstrukturen für Veränderungen kämpft, liegt mir das Unternehmertum deutlich mehr: selber handeln, selber verantworten, Risiken abwägen und schnell Ergebnisse sehen.

2. Welche Themengebiete interessieren Sie besonders und warum?

Ich bin davon überzeugt, dass wir unsere Lebensgrundlagen - Ernährung, Wasser, Energie, Bauen und Mobilität - auf eine radikal nachhaltige Weise umstellen müssen. So ein Lebensstil muss dann die coole, wünschenswerte Norm werden, mit Verzichtspredigten werden wir in der heutigen Welt keinen Wandel bei Konsument*innen, also uns allen, erreichen. Deswegen beschäftigen sich alle unsere Firmen mit Produkten und Dienstleistungen aus diesen Themenfeldern, dort haben wir auch den bei weitem größten Impact. Die erzielte positive Wirkung ist es, die uns und unsere Teams jeden Tag motiviert - und warum wir auch in Zeiten von Fachkräftemangel unseren wachsenden Personalbedarf decken können. "We practice what we preach!"

3. Inwieweit hat Ihnen das EBP-Studium in Ihrer Karriere geholfen?

Wir sind damals im European Business Programme noch jedes Semester zwischen den Standorten umgezogen, mussten zwei Praxissemester absolvieren - und ab dem zweiten Semester waren wir grundsätzlich mit fünf oder mehr Nationen in einer Kohorte. Diese Internationalität, die viel Geduld und Kommunikation erfordert, die ständig notwendige Flexibilität, das wirklich breite Spektrum an Wissen, das uns vermittelt wurde, all das hat viele Fähigkeiten geschult, die ich später immer wieder brauchen konnte. Aber ich habe mich auch nicht alleine auf das Studium verlassen, um meinen eigenen Weg zu gehen.

4. Was macht das EBP in Ihren Augen besonders?

Für mich war im EBP immer die Kultur untereinander etwas Besonderes. Während in anderen Programmen bei der Auswahl gefühlt nur auf Leistung geachtet wurde, war im EBP auch die Persönlichkeit wichtig - dadurch macht das Studium auch mehr Spaß. Außerdem ist Münster ein toller Ort für Studierende, wie auch die Partnerstädte. Die Professor*innen hatten immer ein offenes Ohr für uns, standen wirklich als Ansprechpartner*innen oder Mentor*innen zur Verfügung - und die meisten haben etliche Jahre Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen gesammelt, sie vermitteln nicht nur pure Theorie. Zusammen mit dem Doppelabschluss, der "EPAS-Akkreditierung", den Auslandssemestern und dem starken Fokus auf Sprachen bietet das EBP eine Kombination, die ich bis heute als sehr besonders empfinde.

5. Was möchten Sie den EBP-Studierenden gerne mit auf den Weg geben?

Bewegt was in eurem Leben! Ich bin seit fast zehn Jahren als Dozentin für Social Entrepreneurship im EBP und CALA tätig und sehr erschrocken, dass die neuen Jahrgänge immer ängstlicher werden, nach dem Motto "Die Welt geht unter, wir können nichts dagegen tun", um sich dann einer "Carpe Diem - nach mir kommt eh die Sintflut"-Haltung hinzugeben. Die nächsten Jahrzehnte werden sicher unbequemer, aber wer heute den Kopf in den Sand steckt, muss sich nicht wundern, wenn die Innovationen, die unser Überleben auf diesem Planeten sichern, ohne ihn oder sie umgesetzt werden - und der Zug dann abgefahren ist. Ohne Fleiß kein Preis, das gilt heute mehr denn je. Eine 30-Stunden-Woche bei hoher Bezahlung und bitte ohne Zukunftssorgen, das gibt es nicht mehr (lange). Macht es euch nicht so bequem; Veränderung mitzugestalten - ob als Unternehmer*in oder "Intrapreneur" - ist erfüllend und macht deutlich glücklicher, als zu hoffen, dass "die Anderen" das Problem schon irgendwie für einen lösen werden.

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