„Ich und die Gesellschaft“

Designabsolventen der FH Münster stellen beim „Parcours“ auf dem Leonardo-Campus ihre Abschlussarbeiten aus


Münster (7. Februar 2020). Nora Franzmeier huldigt einem Volk, das Paläste baut. Aus Pappmaché und Spucke. Sie hat eine Ausstellung für den NABU auf Haus Heidhorn konzipiert, die die Geschichte einer Königin erzählt und damit Wespen nicht als Schädlinge zeigt, sondern als unersetzlich für unser Ökosystem. Die Absolventin des Fachbereichs Design der FH Münster, der Münster School of Design (MSD), ist eine von 78, die nun auf dem „Parcours“ ihre Bachelor- und Masterarbeiten zeigen.

Auch ihr Kommilitone Dominik Fischer hat sich in seiner Abschlussarbeit einem umweltbewussten Projekt verschrieben: Er entwickelte ein Kit aus Holz, mit dem jeder Laie zum Pilzzüchter wird und am Ende der Produktionskette auch noch dem bedrohten Hirschkäfer Lebensraum ermöglicht. Und dafür braucht man wirklich nur ganz wenig: altes nasses Holz und ein paar Dübel mit der „eingeimpften“ Pilzkultur. Garantiert Bio.

Einem ebenso wichtigen Thema, der Chancengleichheit von Designerinnen, widmete sich Laura Pauline Bockel. Sie fragte sich, warum deutschlandweit rund 70 Prozent der Designstudierenden weiblich sind, dann aber nur 11 Prozent von ihnen in Führungspositionen arbeiten. In ihrem Bookazine „Innen“ lässt sie Gestalterinnen mit ihren Lebensgeschichten zu Wort kommen, die Vorbilder für die jüngere Generation sein könnten.

Um nichts Geringeres als Rassismus in Deutschland geht es Christina Shengxin Zhu. Für Zhu ist Rassismus ein Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Mit ihren Illustrationen visualisiert sie die Arbeit einer Psychologin und persönliche Geschichten von Betroffenen, die alltägliche Erfahrungen wie Beleidigungen, Ausgrenzung und Traumata erlebt haben. „Ich verstehe meine Arbeit als Aufruf zu Empathie, Reflexion und Veränderung“, so die Absolventin.

Organspende machten Kira Palewski und Theresa Balbach zu ihrem Thema. Sie entwickelten die Plattform „Yes, but not now“, auf der Menschen miteinander kommunizieren können. Der Austausch sei ihnen wichtig, ohne vielleicht einen gemeinsamen Konsens zu finden. „Wichtig ist nur, hinzuhören.“ Und vielleicht entstehe ja daraus die Bereitschaft, sich endlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die von den beiden ebenfalls produzierte erste Podcast-Folge könnte ein weiterer Anstoß sein.

Dialog, Gehör finden, die Chance auf eine eigene Meinung – das findet auch Marcel Frommer wichtig. „Dafür ist aber Wissen erforderlich“, so der Kommunikationsdesigner. Und hat deshalb mit „Votum“ ein Kulturmagazin kreiert. Die erste Ausgabe mit dem Titel „A1“ befasst sich mit der deutsch-kulturellen Identität – in Reportagen und kurzen Geschichten, von denen eine von ihm selbst stammt: über einen Schulhof mit Vielfalt und Austausch. Die zweite Folge könne er sich schon gut vorstellen, dann zu Gender und Diversity.

Ein Plädoyer fürs Printformat hält auch Julia Kuhlmann. Sie hat sich in ihrer Abschlussarbeit „Auslese“ mit dem Stellenwert von Büchern auseinandergesetzt. Für ihre Texte habe sie von der Schreibwerkstatt profitiert, die die MSD im Studium anbietet. Rede und Antwort standen ihr auch eine Buchrezensentin, ein Schriftsteller, ein Lehrer – und leidenschaftliche Leser.

Den jüngsten unter ihnen wird das Buch „Ich bin so müde“ gefallen. Lena Lackmann hat es für Zwei- bis Vierjährige geschrieben und illustriert. Sie werden lernen: Irgendwann sind alle mal müde, sogar der Mond.

Munter muss sein, wer mit dem Augmented-Reality-System „Münster go“ die Stadt erobern möchte. Larissa Schmidt, Carla Wiedemann und Celine Schmidt haben es für Smartphone und Tablet entwickelt, um Besuchern und Bewohnern zu zeigen: „Es sind nicht einzelne Sehenswürdigkeiten, es ist die Summe vieler kleiner Puzzleteile, die unsere Wahlheimat ausmachen“, so Wiedemann. Das Bewusstsein für Münsters kulturelles Erbe ermögliche es jedem, das Wesen der Stadt zu entschlüsseln und schließlich zu ihrer Identität beizutragen.

"Allen diesen Arbeiten gemeinsam ist, dass sie sich zwar immer mit individuellen Themen befassen, aber jeweils in einem größeren Kontext: Ich und die Gesellschaft“, sagt Fachbereichsdekan Prof. Dr. Ralf Beuker. Die Aufgabe der Lehrenden sei es, den Designstudierenden beizubringen, wie ihr Anliegen vom Hirn ins Herz gelangt, wie sie es kommunizieren und präsentieren können, um es den Menschen nahezubringen. Wie ihnen das gelingt, davon können sich Besucher beim „Parcours“ mit den Abschlussarbeiten aus den Bereichen Illustration, Kommunikationsdesign, Mediendesign und Produktdesign noch das ganze Wochenende überzeugen.

Geöffnet ist die Ausstellung auf dem Leonardo-Campus 6 am Samstag (8. Februar) und am Sonntag (9. Februar) von 11 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.




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