Marvin Henry Brücher über sein Auslandssemester

 

Marvin, weit weg von zu Hause, einer der Ersten und obendrein noch in der Pandemie - warum hast du das Auslandssemester in Thailand trotzdem gemacht?

Marvin Henry Brücher: Das war meine letzte Chance, ein Auslandssemester zu machen. Mir fehlen nur noch die Praxisphase und die Bachelorarbeit, um das Studium abzuschließen.

Bis zum letzten Tag habe ich nicht geglaubt, dass es mit dem Auslandssemester klappt. Es hat ewig gedauert, das Visum zu bekommen. Dann hat es im letzten Moment noch funktioniert.

Mir war schon lange klar, dass ich mich nicht in Europa sehe. Die Verbindung zu Thailand war schon da. Meine Eltern haben eine Weile in Thailand gelebt, ich als kleines Kind auch. Ich war danach immer wieder mal dort, ich habe noch einige Kontakte. Ich fühle mich in Thailand deutlich mehr zu Hause als in Deutschland, muss ich sagen. Meine Eltern sind schon früh mit uns Kindern in der Welt unterwegs gewesen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es mir in Deutschland zu kalt ist.


Wie ist man dir unter den besonderen Umständen begegnet?

Dieses Mal war es tatsächlich anders als sonst. Durch Corona halten sich deutlich weniger Touristen im Land auf. Über Wochen war ich scheinbar der Einzige aus dem Ausland. An der einen oder anderen Stelle gab es schon Auseinandersetzungen, weil einige die Meinung vertreten, dass das Coronavirus durch Touristen ins Land gekommen sei. Auf der anderen Seite hängt die Wirtschaft zum größten Teil vom Tourismus ab.

Normalerweise wird man aber in Thailand mit offenen Armen empfangen. Die Menschen sind einfach freundlich zu Fremden. Diese Nächstenliebe und Leichtigkeit erfährt man im Alltag in Deutschland nicht.

Hast du die Mahidol University denn von innen gesehen?

Weil ich einer der ersten Gaststudenten von der FH war, war es organisatorisch ein sehr, sehr großer Aufwand überhaupt hinzukommen. Wir haben es trotzdem geschafft.

Die Seminare liefen zu 100 Prozent online, das hat gut geklappt. Der Campus war komplett geschlossen. Weil ich nicht an die Hochschule gebunden war, konnte ich die Vorlesungen auch von den Inseln aus verfolgen. Kurz vor der nächsten Vorlesung ins Meer zu springen, war schon besonders.

Eigentlich hatte ich mich im Vorfeld darauf gefreut, in Bangkok zu sein, hatte mir schon Wohnungen in der Hauptstadt rausgesucht. Alles, was ich vorher geplant hatte, konnte ich nicht umsetzen. 


Welche Seminare hast du online besucht?

Ich wollte aus dieser Riesenauswahl schöpfen. Schließlich habe ich Positive Psychology, Leadership und Principles of Management gewählt. Dadurch, dass ich mir die Module individuell zuschneiden konnte, war es perfekt. Und ich konnte sie für mein Studium in Münster anrechnen lassen.

Diese drei Fächer, vor allem aber die Positive Psychologie, haben mein Leben verändert. Positive Psychologie setzt bei den Stärken von Menschen an, nicht bei den Schwächen. Es hat mir wirklich sehr viel Freude bereitet. Ich kann seitdem zum Beispiel ganz anders mit Stress-Situationen umgehen. Ich weiß, was ich tun kann, um negativen Stimmungen zu begegnen und mein Gleichgewicht wiederzufinden. Ich habe gelernt, mich auf meine Stärken zu fokussieren, das alles auf wissenschaftlicher Basis. Auch wenn es nur am Bildschirm war, war die Wirkung trotzdem enorm.

Du bist jetzt ein anderer Mensch?

Das Fach hat es in sich gehabt. Viele Menschen fokussieren sich auf ihre Schwächen. Wenn man sich aber auf die Stärken konzentriert, wird man automatisch ausgeglichener. Meine Sicht ist eine ganz andere als vorher. Auf dem Gebiet Leadership habe ich mich deutlich verbessert, insgesamt auf dem Gebiet der Soft Skills. Menschen zu verstehen, mit ihnen zu kommunizieren, ist mir schon immer leichtgefallen, aber jetzt habe ich diese Fähigkeiten noch einmal gestärkt. 

Hattest du denn Kontakt zu Kommilitoninnen und Kommilitonen, zu den Einheimischen?

Vor allem hatte ich Kontakt zu den internationalen Studierenden, einige aus Deutschland. Mit einigen von ihnen war ich auch unterwegs. Aus unserem Fachbereich kam nach mir noch ein Student in Bangkok an.


Gab es schwierige Situationen?

Einmal bin ich versehentlich in eine Demonstration geraten. Ich bin aus dem Bus gestiegen und wollte nur zu meinem Hostel, als plötzlich etliche Polizisten auf mich zurannten. So schnell bin ich noch nie gelaufen. Da wird einem bewusst, wie wertvoll unsere Demokratie ist. Auch Korruption ist ein großes Problem in dem Land.

Weil die Coronalage unübersichtlicher wurde, wollte ich früher abreisen. Ich war ganz im Norden an der Grenze zu Laos in einem Hostel untergebracht. Ich konnte kein Auto mieten, es fuhren keine Züge mehr, ich war wirklich am Verzweifeln. Irgendwann sind Polizisten auf mich aufmerksam geworden, die haben mich dann über die Grenze gefahren.

Du hast ja auch, bevor das Semester dort anfing, eine Hilfsaktion gestartet.

Ich hatte eine Hilfsaktion ins Leben gerufen, habe Geld gesammelt, um Lebensmittel für Bewohner eines Slums auf Phuket zu kaufen. Die Coronakrise hatte ihre Lage verschärft. Anfangs hatte ich anvisiert, 250 Euro zu sammeln, innerhalb einer Stunde hat sich die Summe verdreifacht. Am Ende waren es umgerechnet 2.800 Euro, die zusammengekommen waren. Ich helfe, weil ich mich mit Thailand verbunden fühle. Das Land wird sich lange nicht von dieser Krise erholen. 

Wie ist es nach dem Semester weitergegangen?

Seit September bin ich in Dubai. Ich arbeite auf der Expo als Guide auf dem German Campus. In Thailand hatte ich Leute kennengelernt, die mir von Dubai erzählt hatten. Da bin ich neugierig geworden.  

Jetzt stehen noch die Praxisphase und die Bachelorarbeit an. Wie sind deine Pläne?

Die Praxisphase werde ich auf keinen Fall in Deutschland machen, wahrscheinlich mache ich sie in Thailand. Was ich aus dem Onlinesemester mitgenommen habe, ist, dass man gar nicht so weit im Voraus planen kann oder muss, sondern mit mehr Leichtigkeit an die Sache geht.

Mal schauen, wie es danach weitergeht. Wahrscheinlich werde ich nicht in Deutschland bleiben. Die Erde ist zu groß, um immer nur an einem Ort zu bleiben. Ich bin sehr offen, gehe gerne auf Menschen zu. Ich bin einfach ein Weltmensch, wenn man das so sagen kann.


Bewerbung bis zum 15. Januar 2022

Sie studieren am Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management (OEF) und möchten im Wintersemester 2022/23 oder im Sommersemester 2023 ein Auslandssemester an einer unserer Partnerhochschulen absolvieren: Dann bewerben sich bis zum 15. Januar 2022 bei Ute Krützmann, der OEF-Koordinatorin für Internationales.

Bitte reichen Sie folgende Unterlagen ein:

  • Motivationsschreiben
  • Lebenslauf
  • Notenspiegel

Ute Krützmann bietet am 13. Januar von 16 bis 17 Uhr noch eine Infoveranstaltung zum Auslandssemester an. 

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