Münster (15. Januar 2016). In Deutschland konzentriert sich die steigende Produktion von Fleisch auf immer weniger Betriebe. Das ist eine der Kernaussagen vom "Fleischatlas 2016", der jetzt veröffentlicht wurde.

Was bedeutet das für den Verbraucher? Drei Fragen dazu an Prof. Dr. Guido Ritter, Ernährungswissenschaftler am Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management der FH Münster.

 

Prof. Dr. Guido Ritter
Prof. Dr. Guido Ritter

Herr Prof. Ritter, eine wichtige Erkenntnis aus dem Fleischatlas 2016 bezieht sich auf die Massentierhaltung. Immer weniger Betriebe produzieren immer mehr Fleisch. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Ich sehe diese Entwicklung kritisch. Eine artgerechte Tierhaltung wird bei einer industriellen Form der Tierhaltung unmöglich. Darüber hinaus führt eine Entkopplung der Tierhaltung von der zur Verfügung stehenden Fläche für Futtermittel zu direkten ökologischen Konsequenzen.

Der hohe Ressourcenverbrauch bei der Produktion von Fleisch in diesen Mengen und die Nutzung wichtiger Ackerflächen zum Futtermittelanbau erzeugen gravierende soziale Ungerechtigkeiten auf diesem Planeten. Auch bei uns in Deutschland ist mittlerweile das Grundwasser vielerorts durch Überdüngung nitratverseucht.

 

Wie passt diese Entwicklung zu dem steigenden Trend zu vegetarischer oder veganer Ernährung?

In Deutschland ist ein Trend zu bewussterem Umgang mit der Ernährung erkennbar. Dazu gehört auch der Trend zu vegetarischen und veganen Ernährungsstilen. Ich würde den Hype aber nicht überbewerten, da viele diese Ernährungsform nicht in Vollzeit pflegen.

Trotzdem ist die Beschäftigung mit dem Thema Fleisch in unserer Ernährung wichtig für die Wertschätzung von Lebensmitteln insgesamt. Denn wer beim Fleisch bleibt, möchte zunehmend wissen, wo und wie das Tier gelebt hat und womit es gefüttert wurde.

Entscheidend ist, dass laut einer Umfrage des Bundesernährungsministeriums sogar 80 Prozent der Verbraucher mittlerweile bereit sind, mehr dafür zu zahlen.

 

Welche gesundheitlichen Folgen hat hoher Fleischkonsum und auch der Konsum von Fleisch aus der Massentierhaltung?

Wir sind von Natur aus Allesfresser. Fleisch hat, sofern es nach der Jagd verfügbar war, schon immer zu unserer Ernährung dazugehört. Wir essen aber in Deutschland mit mehr als einem Kilogramm pro Woche fast doppelt soviel Fleisch und Wurst als  die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt.

Dadurch steigt das Risiko von ernährungsbedingten Erkrankungen. Viel gravierender ist aber mittlerweile die Entwicklung multiresistenter Keime aufgrund des hochdosierten Einsatzes von Antibiotika in der Massentierhaltung einzuschätzen. Dieses bedroht unsere eigene Gesundheit direkt. Hochrechnungen gehen von einer bis zu 15 Jahre verkürzten Lebenserwartung aus, wenn wirksame Antibiotika in Zukunft fehlen sollten.

 
Fleischatlas 2016
Bild: BUND

Zum Thema: Was ist der Fleischatlas?

Der Fleischatlas ist eine Heftreihe, die globale Zusammenhänge der industrialisierten Produktion von Fleisch und des Fleischkonsums untersucht. Der Fleischatlas erscheint jährlich. Er wird von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) herausgegeben.

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