Prof. Dr. Stefan Krings vom Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management lehrt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. (Foto: FH Münster/Wilfried Gerharz)

Münster, 7. April 2020 | Durch das Coronavirus verändert sich vieles, auch unsere Kommunikation: Projektteams tauschen sich in digitalen Konferenzen aus, Verwandte und Freunde treffen sich in Videochats. Warum all das den persönlichen Kontakt nicht ersetzt und welche Herausforderungen es gibt, erläutert Prof. Dr. Stefan Krings von unserem Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management.

Herr Prof. Krings, viele Menschen verbringen aktuell sehr viel Zeit zu Hause. Wie wichtig ist die Kommunikation in Zeiten von Corona?

Sie ist wichtiger als je zuvor. Denn durch die aktuellen Maßnahmen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen, ist die räumliche Distanz zwischen den Menschen groß. Doch unsere Gesellschaft basiert nun mal auf Kommunikation. Und es ist ein zutiefst menschliches Grundbedürfnis, miteinander zu kommunizieren und dadurch zu interagieren. Wir wollen und müssen uns verständigen, um uns auszutauschen, um Nähe und Vertrauen aufzubauen - das ist jetzt umso wichtiger, nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Kontext.

Was vorher vielerorts undenkbar war, ist jetzt in vielen Büros Tatsache: Homeoffice, Video- und Telefonkonferenzen.

Das stimmt, und all das erfordert bestimmte Kompetenzen, vor allem auch soziale und psychische Fähigkeiten. In einer Telefonkonferenz zum Beispiel muss man sich sehr auf das gesprochene Wort fokussieren, man achtet stärker auf einzelne Formulierungen und Betonungen. Das kann dazu führen, dass Themen stringenter besprochen werden, weil die Sachebene mehr im Fokus steht.

Aber weil wir uns nicht sehen, sondern nur hören, bekommen wir keinen Gesamteindruck von unserem Gegenüber. Denn die Mimik fehlt komplett. Sie ist aber ein starker nonverbaler Ausdruck, durch den wir viel erkennen. Bei einer Videokonferenz wäre die Mimik sichtbar, aber auch hier braucht es Übung: Das Sprechen vor der Kamera ist zum Beispiel nicht jedermanns Sache. Und weil inzwischen viele im Homeoffice arbeiten und von zu Hause an Videokonferenzen teilnehmen, dringt die berufliche Kommunikation in den privaten Bereich ein. Auch das hat eine Wirkung, es schafft womöglich Hürden, kann Irritationen und auch Konflikte verursachen. Oder die Gesprächsqualität verändert sich aufgrund technischer Probleme.

Dabei macht es die Technik überhaupt erst möglich, dass wir uns zumindest digital noch sehen.

Richtig - was wären wir jetzt ohne digitale Medien? Wir wären überhaupt nicht mehr arbeitsfähig, dafür an vielen Stellen orientierungslos und noch stärker vereinzelt als ohnehin schon. Ich glaube, wir sind gefordert, das Potenzial der Digitalisierung zu erkennen, weiterzuentwickeln und einzubetten in unseren Alltag - auch ohne Corona.

Aber ohne den persönlichen Austausch von Angesicht zu Angesicht geht es doch nicht dauerhaft, oder?

So sehr wir aktuell von den Möglichkeiten des digitalen Austauschs profitieren, die Face-to-Face-Kommunikation werden wir damit niemals ersetzen. Denn Kommunikation hat viel mit Persönlichkeit zu tun - und Persönlichkeit lässt sich nicht digitalisieren. Auch Stimmungen und emotionale Informationen sind im direkten Kontakt unmittelbarer und spezifischer erfassbar. Beides kann auch für den Erfolg von Arbeitsprozessen essenziell sein. Natürlich spielte digitale Kommunikation schon vor Corona an vielen Stellen eine wichtige Rolle - durch die Krise verstärkt sich das.

Welche Folgen hat die Coronakrise für unsere Kommunikation? 

Wir werden bewusster mit Kommunikation umgehen. Wir überlegen uns genauer, welchen Kanal wir nutzen. Das Telefon? Oder Skype? Eine E-Mail? Oder doch lieber ein persönliches Gespräch suchen? Die Qualitäten in der Kommunikation unterscheiden sich wesentlich - das wird uns präsenter sein.

Die Coronakrise und das veränderte Kommunikationsverhalten führen uns aber auch deutlich vor Augen, wie wichtig soziale Interaktion für uns Menschen ist. Vertrauensvolle, verbindliche Bindungen entstehen schrittweise und brauchen regelmäßig Pflege. Dabei können Videokonferenzen, Messenger-Dienste oder 500 Freunde auf Facebook - sofern überhaupt - nur begrenzt unterstützen.

Stattdessen werden wir uns nach der Krise vielleicht genauer überlegen, wie wir zukünftig miteinander kommunizieren wollen. Es ist wichtig, in den offenen Austausch zu gehen und behutsam, in angemessener Geschwindigkeit, Formate aus der Zeit von Corona in den Alltag zu implementieren. Für unsere Kommunikation kann das auch eine Chance sein.

Prof. Dr. Stefan Krings vertritt seit dem Sommersemester 2016 das Lehr- und Forschungsgebiet Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Krings hat Journalistik und Psychologie an der Universität Dortmund studiert, ein Volontariat bei einer Bonner Tageszeitung absolviert sowie weitere journalistische Stationen eingelegt. Die letzten Jahre vor seiner Berufung war er als Kommunikationsberater in einer Kölner PR-Agentur mit dem Schwerpunkt Gesundheitskommunikation tätig.

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