Christian Köder
Christian Köder (Foto: FH Münster/OEF)

Münster, 4. März 2022 | Am 7. März ist Tag der gesunden Ernährung, 2022 mit dem Schwerpunkt auf Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Verband für Ernährung und Diätetik hat ihn ins Leben gerufen.

Christian Köder hat gerade seine Doktorarbeit abgegeben, sein Thema waren der Zusammenhang zwischen Lebensstil und kardiovaskulären Erkrankungen. Im Interview erläutert der Ernährungswissenschaftler vom Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management (OEF) die Hintergründe.

Herr Köder, wie verbreitet sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Haupttodesursache in Deutschland, Europa und weltweit, sowohl bei Frauen als auch bei Männern.


Was sind eigentlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Es gibt zum einen atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese sind die übliche Ursache für Herzinfarkt und Schlaganfall - das heißt, die Ursache ist Atherosklerose, auch Arteriosklerose genannt. Atherosklerose ist ein sich über viele Jahre hinweg entwickelnder entzündlicher Prozess, bei dem die Arterieninnenwand geschädigt wird. Durch Atherosklerose kann es langfristig zu einer Verstopfung von Arterien kommen. Das Blut transportiert Sauerstoff und im Fall einer kompletten Verstopfung einer Arterie wird das dahinterliegende Körperareal nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und stirbt ab. Geschieht dies in einer Herzkranzarterie, kommt es zu einem Herzinfarkt. Geschieht es im Gehirn, kann es zu einem Schlaganfall kommen.

Seltener sind nicht-atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch bestimmte bakterielle Infektionen oder angeborene Fehlbildungen des Herzens verursacht werden können. 


Welche Risikofaktoren spielen eine Rolle?

Unsere genetische Veranlagung spielt eine Rolle, aber die meisten Risikofaktoren hängen mit unserem Verhalten zusammen. Der atherosklerotische Prozess beginnt schon in der Kindheit und schreitet mit zunehmendem Alter fort - diesen Prozess können wir abbremsen.


Hier kommt also der Lebensstil zum Tragen. Können Sie das näher erläutern?

Ungünstige Ernährungsgewohnheiten und Tabakkonsum sind wahrscheinlich die beiden Hauptursachen für einen verfrühten Tod.

Rein auf die Ernährung bezogen gehören in Deutschland ein geringer Verzehr von Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten sowie ein hoher Verzehr von rotem Fleisch zu den Hauptrisikofaktoren. Im Vergleich zu Deutschland spielt auf europäischer Ebene und vor allem weltweit eine hohe Kochsalzzufuhr eine entscheidendere Rolle bei der Erhöhung der Sterblichkeit.

Viele weitverbreitete Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind gleichzeitig auch wichtige Risikofaktoren für Krebs und andere chronische Erkrankungen. Zu diesen Risikofaktoren gehören starkes Übergewicht, eine hohe Zufuhr von zugesetztem Zucker, raffiniertem Getreide, frittierten Lebensmitteln, rotem Fleisch und verarbeitetem Fleisch sowie zu wenig körperliche Aktivität.

Die European Society of Cardiology verwendet einen bestimmten Score zur Abschätzung des Risikos für Herzinfarkt und Schlaganfall. Dieser Score, genannt Systemic Coronary Risk Estimation 2, kurz SCORE2, berechnet sich aus den folgenden Risikofaktoren: Alter, Geschlecht, Raucherstatus, systolischer Blutdruck und Nicht-HDL-Cholesterin. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass wir versuchen sollten, nicht zu rauchen und auch Passivrauch und andere Arten der Luftverschmutzung und Feinstaub nach Möglichkeit zu meiden. Ebenfalls sollten wir unseren Blutdruck und unser Cholesterin niedrig halten. 


Wie können wir den Cholesterinspiegel niedrig halten? Was ist für die Ernährung insgesamt zu beachten?

Besonders die Fette in der Ernährung spielen eine große Rolle. Gesättigte Fette in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Butter und fettreichen Milchprodukten sowie Palmfett, Kokosfett, frittierte Lebensmittel und stark verarbeitete Fette erhöhen typischerweise den Cholesterinspiegel. Diese Lebensmittel sollte man also reduzieren oder meiden.

Ungesättigte Fette in pflanzlichen Lebensmitteln wie in Nüssen, Samenkernen, Nussmus, Erdnussmus, Sesammus, kaltgepresstem Rapsöl, Oliven und Avocados senken den Cholesterinspiegel.

Für die Senkung des Blutdrucks ist eine gesunde, vornehmlich pflanzenbasierte Ernährungsweise von Vorteil. Wichtig ist für viele Personen auch, den Verzehr von Kochsalz zu reduzieren sowie die psychische Komponente, also Stress vermeiden, ausreichend viel schlafen und sich viel Zeit für Entspannung nehmen.

Sowohl die European Society of Cardiology als auch die American Heart Association empfehlen ein Ernährungsmuster, das gesunde pflanzliche Lebensmittel in den Vordergrund stellt, also viel Obst und Gemüse, viele Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte sowie täglich oder fast täglich gesunde fettreiche Lebensmittel wie Fisch, Nüsse, Samenkerne und gesunde Öle wie kaltgepresstes Olivenöl oder kaltgepresstes Rapsöl. Die American Heart Association erwähnt auch eine gesunde vegetarische Ernährungsweise als mögliche Option.


Welche Lebensstilfaktoren sind noch von Bedeutung?

Am besten bekannt sind Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholexzess, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung. Aber die psychischen und sozialen Aspekte sollten nicht vernachlässigt werden. Zum Beispiel sind Depression und Angstzustände, Armut, übermäßig viele Arbeitsstunden und Diskriminierung mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.

Depression und Angstzustände kann man praktisch schon als Volkskrankheiten bezeichnen, sie sind weitverbreitet. Und sicherlich sind sie nicht immer rein auf die genetische Veranlagung zurückzuführen, sondern werden von gesellschaftlichen Aspekten beeinflusst. 

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Seite drucken