Luisa Friedrichs (l.) und Annalena Waluga (r.) sind mit dem Hochschulpreis für die beste Masterarbeit des Fachbereichs Sozialwesen im Jahr 2020 ausgezeichnet worden. (Fotos: privat)
Die Freude der beiden Freundinnen über die Würdigung ihrer gemeinsam erstellten Abschlussarbeit ist groß.

(1. Juli 2021). Für ihre Masterarbeit "Die gedrosselte Beziehung. Eine empirische Studie zur Bedeutung von Nähe und Distanz in der Heimerziehung" sind Luisa Friedrichs und Annalena Waluga mit dem Hochschulpreis für die beste Masterarbeit des Fachbereichs Sozialwesen im Jahr 2020 ausgezeichnet worden. Außerdem ist ihre Arbeit zur Veröffentlichung in der Forschungsreihe der FH Münster im Springer-Verlag ausgewählt worden. Wir haben mit den beiden Absolventinnen des Masterstudiengangs "Jugendhilfe − Konzeptionsentwicklung und Organisationsgestaltung" über ihre preisgekrönte Abschlussarbeit, den Hochschulpreis und ihre jetzige Tätigkeit gesprochen.

 

Haben Sie damit gerechnet, den Hochschulpreis für Ihre Masterarbeit zu erhalten?

Waluga: Nicht wirklich. Unsere Professorin, Frau Aghamiri, hat uns zwar mitgeteilt, dass sie unsere Arbeit für den Preis vorgeschlagen hat. Aber da im letzten Jahr schon eine von ihr betreute Studentin ausgezeichnet worden ist, haben wir alle nicht daran geglaubt, dass wir tatsächlich den Hochschulpreis erhalten würden.

Friedrichs: Als es dann doch geklappt hat, haben wir uns total über diese Anerkennung und Wertschätzung gefreut! Wir haben uns getroffen, um das zusammen zu feiern und das war richtig toll − gerade auch, weil ja sämtliche Abschlussfeiern ausgefallen sind. Es ist ein gutes Gefühl, dass unsere Arbeit durch die Auszeichnung mit dem Hochschulpreis nochmal eine besondere Beachtung findet. Und es tut ebenfalls gut zu wissen, dass sie großes Interesse bei Forschungspartner*innen und Mitstudierenden ausgelöst hat.

 

Wie sind Sie auf das Thema Ihrer Masterarbeit gekommen?

Waluga: Schon im zweiten Semester haben wir zu diesem Thema ein studentisches Forschungsprojekt durchgeführt - ebenfalls zusammen. Darin haben wir untersucht, wie Fachkräfte in der Heimerziehung im Alltag mit Nähe und Distanz umgehen. Im Anschluss an das Projekt gab es allerdings noch sehr viele Fragen.

Friedrichs: Tatsächlich hatten wir im Ergebnis sogar mehr offene Fragen als Antworten. Daher haben wir beschlossen, das Thema in der Masterarbeit wieder aufzugreifen und noch tiefer in die Materie einzusteigen. Es gibt bisher auch kaum wissenschaftliche Literatur zum Thema Nähe und Distanz in der Heimerziehung. Und das, obwohl alle, die in dem Bereich arbeiten, sich damit auseinandersetzen und die für sie richtige Balance zwischen den beiden Polen finden müssen.

 

Was genau haben Sie in Ihrer Masterarbeit eigentlich gemacht?

Friedrichs: Auf Vorschlag von Prof. Aghamiri haben wir als Forschungsmethode die Grounded Theory angewendet und mithilfe von qualitativen narrativen Interviews eine eigene Theorie zur Beziehung zwischen Betreuer*innen und Kindern beziehungsweise Jugendlichen in der Heimerziehung entwickelt.

Waluga: Die Grounded Theory hat den Vorteil, dass sie eine sehr offene Herangehensweise ermöglicht: Wir sind bei unseren insgesamt sechs Interviews zirkulär vorgegangen und haben nach jedem Interview geschaut, wie wir den Leitfaden für das nächste verbessern können. Aus den Ergebnissen der Interviews haben wir ein Kategoriensystem entwickelt und darauf aufbauend eine Definition für die gedrosselte Beziehung formuliert.

 

Können Sie die Ergebnisse Ihrer Masterarbeit für Ihre berufliche Tätigkeit nutzen?

Waluga: Tatsächlich kann ich in meinem beruflichen Alltag sehr viele Merkmale der gedrosselten Beziehung erkennen und Erkenntnisse aus unserer Masterarbeit anwenden. Ich arbeite aktuell in einer Wohngruppe für psychisch erkrankte Jugendliche und junge Erwachsene. Häufig sind die Erkrankten ja sehr traurig und depressiv, da hat man schon mal den Impuls, sie in den Arm zu nehmen. Aber gleichzeitig muss ich immer schauen, wie nah ich sie an mich heranlasse. Ich bekomme es aber ganz gut hin, die Balance zu finden.

Friedrichs: Ich arbeite aktuell beim Jugendamt, einerseits im ASD und andererseits in der Jugendhilfe im Strafverfahren. Unter anderem arbeite ich eng mit Trägern der stationären Jugendhilfe zusammen und entscheide beispielsweise über den Rahmen bewilligter Fachleistungsstunden für sozialpädagogische Erziehungshilfen. Dabei hilft es mir sehr, die Perspektive der Betreuenden zu kennen. Später könnte ich mir durchaus vorstellen, tatsächlich in der Heimerziehung zu arbeiten und dann direkt von unseren Ergebnissen zu profitieren. Aber letztlich kann man unsere Theorie überall da anwenden, wo es um Beziehungen geht.

 

Können Sie sich vorstellen, irgendwann weiter wissenschaftlich zu arbeiten?

Friedrichs: Als ich mit dem Master angefangen habe, war ich fest entschlossen, danach zu promovieren und selbst in der Hochschullehre zu arbeiten. Aber jetzt ist für mich nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Ich möchte erstmal ausgiebig Praxiserfahrungen sammeln. Was soll ich lehren, wenn ich es nicht selbst ausgeführt habe? Bei unseren Dozierenden hat man tatsächlich sehr deutliche Unterschiede in der Praxistauglichkeit ihrer Lehre gemerkt. Aber später kann ich mir durchaus vorstellen, in Forschung und Lehre zu arbeiten.

Waluga: Bei mir ist es ganz ähnlich: Ich kann mir auch vorstellen, später irgendwann nochmal wissenschaftlich zu arbeiten und vielleicht zu promovieren. Zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich aber lieber erstmal praktisch arbeiten.

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